CENACOLO HILFT VIELEN MÄDCHEN
Beim Cenacolo-Fest sprach Georg, der Leiter des Hauses in Kleinfrauenhaid, mit Nicole, Rebekka und Bettina über ihre Erfahrungen im Cenacolo.
Georg: Viele stellen uns die Frage: Gibt es auch Mädchenhäuser im Cenacolo? Ja, die gibt es – zum Beispiel in Italien.
Wir haben hier Nicole bei uns, die seit viereinhalb Jahren im Cenacolo ist. Nicole, wo bist du zurzeit?
Nicole: Zurzeit bin ich in Cherasco in Italien und habe die Aufgabe eine Familie zu unterstützen, die vier Kinder mit speziellen Bedürfnissen adoptiert hat. Drei von ihnen sitzen im Rollstuhl, haben verschiedene Krankheiten und brauchen Hilfe. Diese Familie gehört zur Gemeinschaft dazu und zwei Mädchen von uns unterstützen sie. Das ist ein großes Geschenk. Ich kann sehr viel lernen von den Kindern. Für die Unterstützung, die ich gebe, bekomme ich viel mehr zurück. Die Kinder geben mir sehr viel. Ich glaube, dass es wirklich ein Geschenk Gottes ist, dass Gott mich in die Gemeinschaft gerufen hat, um mir etwas zu zeigen, um mein Herz zu öffnen, Jesus in mein Herz kommen zu lassen und sprechen zu lassen. Ich merke, dass der liebe Gott mich Menschen treffen lässt, durch die er zu mir spricht. Ich begegne Gott, ich begegne Jesus in diesen Kindern.
Ich bin damals eingetreten in die Gemeinschaft, weil es mir schlecht ging. Ich habe um Hilfe gebeten, ich habe geschrien, weil ich viele Probleme und Abhängigkeiten hatte. Ich war abgerutscht in den Alkohol, in die Tablettenabhängigkeit, in die Essstörungen. Ich habe mich selbst nicht geliebt, konnte mich selbst nicht schätzen, meine Gaben nicht sehen und war ganz auf mich selbst konzentriert, auf alles, was nicht ging in meinem Leben. Ich war richtig tief drinnen im Dunklen und konnte da nicht mehr heraus. Viele Masken hatte ich aufgesetzt und versuchte weiterzukämpfen, zu arbeiten, die gute Tochter, die Freundin zu spielen. Aber irgendwann ging es nicht mehr, ich konnte nicht mehr. Dann habe ich durch einen Priester die Gemeinschaft Cenacolo kennengelernt. Ich wusste noch nicht, dass es auch für Mädchen die Möglichkeit gibt, in die Gemeinschaft einzutreten. Dann aber habe ich gehört, dass es Häuser für Mädchen in Italien gibt. Das war nicht leicht am Anfang, ich habe mich vorbereitet und bin dann langsam eingetreten in die Gemeinschaft in Italien. Ich musste alles neu lernen. Das war für mich eine Loslösung, ich habe mich von alten Gewohnheiten lösen müssen z.B. in Bezug auf das Essen. Die anderen Mädchen haben mir dabei geholfen zu kämpfen, mich aufzurichten, weiterzugehen. Ich habe gelernt zu arbeiten, immer wieder aufzustehen. Eine Sache, die ganz wichtig für mich war: Die Mädchen, mit denen ich zusammenlebte, haben mir die Wahrheit gesagt und so versucht mir zu helfen. Mein Schutzengel hat mir die Wahrheit gesagt und auch die anderen haben mir gesagt, was sie an mir sahen, was ich ändern konnte und was mir helfen könnte. Es war aber so schwer, das zu akzeptieren, es war so schwer diese Liebe, diese Freundschaft anzunehmen, ich schaffte das nicht. So habe ich mich dann auch in der Gemeinschaft wieder verschlossen und mich allein gefühlt, bis ich schließlich in einem Moment, in dem ich so richtig allein war, erkannt habe, dass letztlich nicht Menschen mir helfen können, sondern nur Gott. Ich habe in diesem Moment erkannt: Ich kann nichts allein schaffen, ich brauche Gott dazu. Das war ganz wichtig, weil ich aus dieser Erfahrung heraus dann selbst aufgestanden bin und mir gesagt habe: Ich will leben, ich will kämpfen und mein Leben ändern.
Ich bin also in Italien eingetreten, war dann in Lourdes bei der Muttergottes und bin jetzt wieder in Italien. Jetzt in dem Haus wo ich bin, darf ich diese Kinder betreuen und das ist ein so großes Geschenk. Ich lerne so viel – z.B. Barmherzigkeit anzunehmen. Kinder bleiben nicht stehen bei Fehlern, sie gehen weiter, vergeben schnell, lachen, vergeben. Das tut mir so gut und hat mir sehr geholfen zu sagen: Okay, ich will mich auch so lieben, wie ich bin. Heute schaffe ich es, mich selbst zu lieben, meine Armut zu umarmen, zu sagen: ich bin so, bin geliebt von Gott und fühle mich geliebt. Deshalb möchte ich mich bedanken – auch bei meinen Eltern die mich unterstützen und mich liebhaben und versuchen mich zu verstehen. Ich möchte mich auch bedanken bei den Mädchen, die mich aushalten im Haus. Das ist nicht leicht, wir Mädchen leben zusammen, jede hat ihren eigenen Kopf, jede will ihre Idee durchsetzen. Das ist nicht einfach, und ich bin davon überzeugt, ohne Gott und das Gebet würde es nicht gehen. Aber dank Gott, dank dem Gebet schaffen wir es, uns gern zu haben. Danke schön!
Georg: Rebekka ist heute sechs Jahre in unserer Gemeinschaft. Du hast viel Erfahrung, bist viel zusammen mit Mädchen, die neu eintreten in die Gemeinschaft. Ein Satz von Herzen bitte – besonders für die Mädchen, die Hilfe brauchen!
Rebekka: Den Gedanken, den ich habe, hatte ich schon im Auto, als wir gekommen sind. Ich habe gedacht: Es gibt Hoffnung! Wenn es Hoffnung für uns gab, dann gibt es Hoffnung für alle. Und es ist kein Problem zu groß, dass es keine Hoffnung gäbe. Ich bin Gott sehr dankbar für das Geschenk meines Lebens. Warum bin ich in die Gemeinschaft gekommen? Ich wollte überhaupt nicht. Aber die Muttergottes hat mich an die Hand genommen und heute bin ich nur dankbar dafür. Ich denke, die Hoffnung, die aus dem Gebot kommt, ist für alle da. Viele sagen, die Gemeinschaft ist viel zu streng. Ich glaube in der Gemeinschaft wird viel von uns erwartet, weil viel an uns geglaubt wird. Das ist ganz wichtig. Mutter Elvira hat uns keine halben Sachen verkauft, hat uns nicht gesagt, vielleicht könnt ihr noch ein paar Zigaretten rauchen oder ein bisschen Fernsehen gucken. Sie hat das Vertrauen gehabt und hat an uns geglaubt. Sie glaubt an die Jugend von heute, dass es für uns möglich ist, aufs Ganze zu gehen. Und ich bin fest davon überzeugt, dass viele Jugendlichen die Wahrheit suchen, das Ganze suchen und nicht die halben Sachen, die man überall bekommen kann. Also, es gibt Hoffnung, Dank sei Gott!
Georg: Bettina, du kommst aus Deutschland und bist seit eineinhalb Jahren in der Gemeinschaft. Kannst du uns kurz etwas von dir erzählen?
Bettina: Hallo, ich komme aus Deutschland, bin aber in Indien geboren. Ich wurde adoptiert und bin mit zweieinhalb Jahren nach Deutschland gekommen, meine Eltern sind Deutsche. Seit eineinhalb Jahren bin ich in der Gemeinschaft und kann heute sagen: Ich bin glücklich, ich bin glücklich heute hier vor euch zu stehen, nach ganz vielen Jahren, in denen ich gekämpft habe und immer auf der Suche war. Ich hatte mich geflüchtet in viele Dinge: in Alkohol und ganz viele Lügen; ich bin an einen Punkt in meinem Leben gekommen, an dem ich gesagt habe, es geht nicht mehr so weiter und mich entschieden habe in die Gemeinschaft einzutreten. Der Anfang war superschwierig, ich habe ganz oft geweint. Die anderen sagen, ich habe geweint wie ein Wasserhahn, den man nicht mehr schließen konnte. Heute weine ich, weil mich etwas berührt, weil ich meine Emotionen in Wahrheit leben kann, weil ich glücklich bin und mein Leben liebe, so wie es heute ist. Ich will einfach sagen: Vielen Dank der Gemeinschaft, für alle Mädels und Brüder, die hier sind. Wir haben alle die Möglichkeit, Schritte zu tun, um etwas zu ändern. Fangt auch ihr heute damit an und ihr werdet merken, wenn ihr heute nach Hause geht, dass ihr schon ganz viel verändert habt. Danke schön, ich habe euch gern!