BRASILIEN
Unser erstes Missionshaus ist in Brasilien entstanden. Am 6. Januar 1996 sind wir – sieben Jungs, gemeinsam mit Mutter Elvira – nach Brasilien aufgebrochen. Ein Haus für Kinder zu eröffnen, ist Präventionsarbeit: Wenn wir heute die Kinder begleiten und erziehen, vermeiden wir, dass sie morgen als Jugendliche in Abhängigkeiten und Krisensituationen geraten.
Nach einer intensiven Suche haben wir in Mogi das Cruzes, in der Nähe von São Paulo, ein Stück Land mit einem Haus gefunden, das sich als ideal für unsere Mission erwies. Die Vorsehung des lieben Gottes hat es so gefügt, dass wir Freunde gefunden haben, die uns bei der Überwindung der bürokratischen Hürden geholfen haben. So konnten wir schließlich die Vorbereitungen treffen, um die ersten Kinder in unserem Haus aufzunehmen. Dabei wurden wir begleitet von der Güte Gottes, des Vaters, und der Zärtlichkeit Mariens, die unserer Mission den Namen gegeben hat: “Nossa Senhora da Ternura” (wörtl.: “Unsere Liebe Frau von der Zärtlichkeit”).
Weil wir buchstäblich mit nichts begonnen haben, hat uns der Herr eine Reihe von Wundern erleben lassen, um unserem schwachen Glauben aufzuhelfen. Unter vielen Schwierigkeiten aber mit umso größerer Freude haben wir die ersten fünf Kinder in unserem Haus aufgenommen. Am 12. Oktober, dem Festtag “Unserer Lieben Frau von Aparecida”, der Patronin Brasiliens war die offizielle Hauseinweihung.
Seitdem ist unsere Mission stetig gewachsen: Heute gibt es hier fünf Häuser, eine Tischlerei, eine Werkstatt, einen großen Gemüsegarten und Obstbäume. Daneben gibt es eine Bibliothek, eine große Küche, Sportplätze und vieles mehr – die Vorsehung und wir haben in diesen Jahren einiges an Arbeit gehabt.
Heute gibt es hier siebzig Kinder, die rennen, lachen, sich streiten und wieder versöhnen, Kinder, die spielen, beten und jeden Tag neu beginnen – und wir gemeinsam mit ihnen. Die Wunder Gottes geschehen, wenn jemand den Mut hat zu sagen: “Hier bin ich, sende mich!”
Es ist wirklich bewegend, wie der liebe Gott vor allem in den Herzen der Kinder wirkt, die durch den Egoismus der Erwachsenen das Vertrauen und die Hoffnung verloren hatten: Heute sehen wir, wie sie rennen, fröhlich spielen, wie sie sich bei der Arbeit und bei ihren Hausaufgaben anstrengen… Für uns “Onkel” und “Tanten” (so werden die Missionare unserer Gemeinschaft genannt) sind sie oft ein Vorbild, von dem wir lernen können: Mit Würde tragen sie ihr Kreuz und fassen immer mehr Vertrauen. Ich erinnere mich an das erste Kind, das wir aufgenommen haben: Felipe. Als er seine Tasche – eine einfache Plastiktüte – auspackte, habe ich ihm geholfen, seine Sachen im Schrank zu verstauen. Dabei hat er mich angeschaut und gefragt: “Werde ich meine Mama noch mal wiedersehen?” Ich habe es nicht geschafft, die Tränen zurückzuhalten – und am Ende war er es, der mich tröstete! Der Herr hat mir die Möglichkeit eröffnet, Felipe das zu geben, was mir als Kind gefehlt hat – und gleichzeitig hat Er meine Wunden geheilt; das erste Kind, das die Gemeinschaft aufgenommen hat, war nicht Felipe, sondern ich!
Man könnte viele Bücher schreiben, über die Wunder, die in diesen Jahren geschehen sind. Ich möchte nur eines herausgreifen: Seit einigen Tagen hatten wir keine Milch mehr. So haben die Kinder begonnen, um Milch zu beten. Ein Mädchen betete so: “Lieber Jesus, ich möchte heute Milch zum Frühstück trinken, denn ich mag keinen Tee!” Als wir aus der Kapelle kamen, fanden wir vor der Küche eine große Anzahl Kartons mit Milch. Das Tor war seit dem Abend vorher verschlossen gewesen und bis heute – es sind inzwischen drei Jahre vergangen – hat sich niemand gemeldet, der uns dieses Geschenk gemacht hat.