VERSÖHNUNG: EINE ERFAHRUNG, DIE VERBINDET
In der Gemeinschaft Cenacolo tragen viele von uns Verletzungen in den Beziehungen zu Eltern und Geschwistern. Da Begegnungen mit der Familie meist nur zwei- bis dreimal im Jahr möglich sind, bekommen gemeinsame Erfahrungen eine ganz besondere Bedeutung. Die folgenden Zeugnisse erzählen von einer solchen Begegnung: Zwei Brüder berichten aus ihrer jeweiligen Perspektive, wie durch gemeinsames Leben und Arbeiten Nähe, Versöhnung und neues Vertrauen wachsen durften:
Mikolaj:
Schon seit einiger Zeit habe ich mit meiner Familie über einen kurzen Aufenthalt meines Bruders in der Gemeinschaft gesprochen. Ehrlich gesagt hätte ich nicht erwartet, dass es wirklich dazu kommt, und ich hatte auch Angst davor. Ich wusste nicht, was mich erwarten würde, besonders weil ich zu Sebastian keine gute Beziehung hatte. Ich war kein guter Bruder und habe ihm kein gutes Vorbild gegeben.
Doch ab dem Moment seiner Ankunft habe ich mich sehr gut mit ihm zurechtgefunden. Ich habe gespürt, wie wir uns in diesen zehn Tagen sehr nahegekommen sind und miteinander gesprochen haben wie noch nie zuvor. Ich sehe, wie viel die gemeinsame Arbeit dazu beigetragen hat.
Diese Zeit war für mich voller Emotionen, und ich erkenne sie wirklich als ein großes Geschenk der Gemeinschaft an. Sie hat mir erneut gezeigt, wie wichtig mir meine Familie ist und wie wichtig es ist, die Beziehung zu ihr zu pflegen und wertzuschätzen. Ich weiß auch, dass die Zeit in der Gemeinschaft keine verlorene Zeit ist und dass ich etwas habe, wofür es sich zu kämpfen lohnt.
Bruder von Mikolaj – Sebastian:
Mein Name ist Sebastian, und lange Zeit habe ich gezögert, eine gemeinsame Erfahrung mit meinem Bruder Mikołaj zu machen, der seit eineinhalb Jahren in der Cenacolo-Gemeinschaft in Österreich lebt. Erst durch seine Einladung und die Ermutigung von Georg und meiner Familie habe ich mich schließlich entschlossen, es zu wagen.
Ich habe befürchtet, dass mir der Verzicht auf den Computer schwerfallen würde. Doch zu meiner eigenen Überraschung fiel mir das viel leichter als gedacht. Stattdessen habe ich in der Gemeinschaft viel Unterstützung und echte Herzlichkeit erfahren – etwas ganz Besonderes, das ich in dieser Form noch nie erlebt habe.
Der Einstieg war zwar nicht einfach, aber umso mehr freut es mich, dass ich in dieser Zeit meinem Bruder auf eine ehrliche und brüderliche Weise begegnen konnte – so, wie es uns vor seinem Eintritt in die Gemeinschaft nie wirklich möglich war.
Ich bin sehr dankbar für diese Erfahrung. Dafür, dass ich Dinge lernen durfte, die ich vorher nie gemacht habe – und dass ich erleben konnte, was echte Gemeinschaft bedeutet.







