IST DA JEMAND?
In den 80er Jahren schrieb ein englischer Musiker, der mit Alkoholproblemen kämpfte, ein Lied, das wie ein Gebet klang: „Dear God/lieber Gott“ schrieb er, „gibt es da draußen jemanden? Ist da jemand, der mein Gebet hört? Gott, kannst du mein Schreien hören? Eine ganze Welt weint, wir hatten alles und haben alles weggeworfen. Ist da jemand, der uns sieht in dem Unheil, das wir angerichtet haben? Wir sind allein und verloren, haben Angst und brauchen Hoffnung. Gott, ist da jemand, der mein Gebet hört?“
In der Bibel finden sich ähnliche Gebete, so im Psalm 102: „Herr, höre mein Gebet! Mein Schreien dringe zu dir. Verbirg dein Antlitz nicht vor mir! Wenn ich in Not bin, wende dein Ohr mir zu! Wenn ich dich anrufe, erhöre mich bald! Meine Tage sind wie Rauch geschwunden, meine Glieder wie von Feuer verbrannt. Versengt wie Gras und verdorrt ist mein Herz, sodass ich vergessen habe, mein Brot zu essen. Ich liege wach und ich klage wie ein einsamer Vogel auf dem Dach. Staub muss ich essen wie Brot, mit Tränen mische ich meinen Trank.“ – Vielleicht kennst du, lieber Leser, solche Gebete. Wir im Cenacolo kennen sie gut, denn wir lebten einmal alle in Situationen, die verzweifelt waren und suchten nach einem rettenden Ausweg. Schließlich gab uns jemand den Rat, bei der Gemeinschaft anzufragen und hier fanden wir wie Schiffbrüchige ein Rettungsboot, das uns aufgenommen hat, ohne dass wir dafür bezahlen oder andere Vorleistungen bringen mussten.
In der Gemeinschaft haben wir gelernt, neu anzufangen und unser Leben neu aufzubauen. Das dauert seine Zeit, aber diese Zeit in der „Lebensschule“ Cenacolo bringt Früchte – nicht nur für uns Betroffene, sondern auch für unsere Familien, die den Weg von draußen mitgehen.
Cenacolo kostet Anstrengung und Selbstüberwindung, aber lohnt es sich nicht all seine Kräfte anzuspannen, um endlich ein neues Leben beginnen zu können? So wie uns Mutter Elvira rät: „Ihr müsst euch euer Leben mit eigenem Schweiß, Stück für Stück und Stein für Stein neu verdienen. Erst so werdet ihr die Kraft und die Würde, die in euch steckt, wieder entdecken!“
Die Gemeinschaft gibt uns für diesen Weg fünf Hilfsmittel an die Hand: das Gebet, die Wahrheit, die Freundschaft, das Dienen und das Vertrauen in die gütige Vorsehung Gottes.
Je mehr wir diese Vorschläge beherzigen und leben, umso mehr spüren wir neue Kraft und Zuversicht und eine neue Freude und Dankbarkeit über unser Leben:
- Das Gebet entspringt dem neu entdeckten Glauben an einen gütigen Gott, der uns aus Liebe geschaffen hat und stellt unser Leben auf eine ganz neue Grundlage.
- Die Wahrheit hilft uns zu erkennen, wo wir an uns arbeiten müssen und was wir ändern müssen.
- Die Freundschaft untereinander hilft, sich akzeptiert und angenommen zu wissen, wo wir uns vorher verurteilt und schuldig gefühlt haben. Die Freundschaft hilft uns auch wahrhaftig zu werden und uns unsere Fehler und Schwächen einzugestehen, auf die uns die anderen aufmerksam machen.
- Das Dienen, der Einsatz für die anderen, hilft uns, unseren Egoismus zu überwinden. Es schenkt uns eine ungetrübte Freude, weil es froh macht, etwas für andere zu tun, ohne an sich selbst denken zu müssen.
- Das Vertrauen auf Gottes gütige Vorsehung schließlich nimmt uns die Angst und schenkt uns Sicherheit und Zuversicht. Alle Cenacolo-Häuser in der Welt leben von der Vorsehung, d.h. von der Hilfsbereitschaft vieler Menschen, die unseren Neuanfang zu unterstützen. Weil unsere Gemeinschaft auf die Güte Gottes vertraut – die sie nie enttäuscht hat, wie Mutter Elvira sagt – verlangt sie von denen, die in die Gemeinschaft kommen, kein Geld und keinerlei Vorleistung. Ganz egal wie verloren, verletzt, zornig und traurig wir in die Gemeinschaft eintreten, das Vertrauen schenkt uns die Luft und den freien Atem, um neu anzufangen.
Vielleicht suchst auch du, lieber Leser, liebe Leserin, ein Rettungsboot, das dich aus den Schiffbrüchen deines Lebens herausträgt, oder du kennst jemanden in der Familie oder unter den Freunden, der gefangen ist in seinen Süchten und Ängsten und eine Hilfe und Inspiration braucht, um seine Ärmel hochzukrempeln und endlich neu anzufangen.
Unsere Gemeinschaft ist als ein von der Kirche offiziell anerkanntes Werk Gottes offen für jedermann, der Hilfe sucht und in der Lage ist, sich unseren einfachen Lebensstil zu eigen zu machen. Im Gespräch am Telefon oder bei unseren Vorgesprächen bemühen wir uns mit den Betroffenen gemeinsam herauszufinden, was der richtige Weg für sie ist.
So versuchen wir, die wir selbst gerettete Schiffbrüchige sind, anderen ins Rettungsboot hinein zu helfen, denn es gibt Hoffnung: Den gütigen Gott, der unser Schreien hört und uns hilft, wenn wir ihn bitten; es gibt ihn wirklich, wir haben ihn erfahren.