16.) Säen wir die Hoffnung

Die Gemeinschaft möchte ein Zeichen der Hoffnung sein – in der Welt, in den Familien, im Herzen des Menschen. Seit vielen Jahren lebe ich nun schon an der Seite von verlorenen und ausgegrenzten, orientierungslosen und drogenabhängigen Jugendlichen. Durch sie ist meine Hoffnung realer, konkreter und lebendiger geworden – sie ist mir in Fleisch und Blut übergegangen. Wir alle tragen in uns den Keim der Hoffnung: Wir hoffen auf eine bessere Zukunft, auf Heilung und Gesundheit, auf Frieden und Freude…

Wir machen die Erfahrung, dass die wirkliche Hoffnung nicht nur Etwas ist, sondern Jemand: Jeder von uns ist eine lebendige Hoffnung für den anderen, jeder ist gerufen, ein „Baumeister der Hoffnung zu sein“. Gott, der Vater, ist zu uns gekommen, um uns in Seinem Sohn Sein Angesicht zu zeigen: In Jesus, der vor zweitausend Jahren in Betlehem geboren wurde, der für uns gestorben und auferstanden ist, schlägt unsere Hoffnung tiefe Wurzeln; Er sagt uns, dass der Tod nicht mehr das letzte Wort hat. Er ist die Hoffnung, die wir verkündigen und allen zurufen sollen. Die größte Krankheit unserer Zeit besteht in der Traurigkeit, in der Gleichgültigkeit und Einsamkeit.

Wie das trockene Land sich nach Wasser sehnt, so wartet die Welt auf Menschen, die die Hoffnung verkünden. Dazu hat Gott uns in Seiner großen Güte berufen; Er hat uns die Kraft gegeben, Ihm zu folgen, und in unsere Herzen hat Er den Wunsch gelegt, die verwundete Menschheit zu umarmen. Die lebendige Hoffnung, die in uns ist, muss zur Liebe werden – in unserem Tun, in unserer Lebenshaltung und in unserem Umgang mit den Menschen. Jesus fordert uns auf, unser ganzes Leben hinzugeben, nicht nur etwas von uns oder einige Stunden unserer Arbeit, sondern uns selbst. Wenn wir das Leben nicht hingeben, es nicht für die anderen einsetzen, wird es uns zwischen den Fingern zerrinnen. Wir wollen diese lebendige, aktive Kirche sein, die den Menschen liebt. Um Christus in den Gliedern Seines Leibes, in den Armen zu dienen, müssen wir in Gott verliebt, „verrückt nach Ihm“ sein.

Unsere Kraft kommt aus diesem „Feeling“, das wir für Gott empfinden und das der Liebe zu den anderen Menschen – zum Ehemann, zur Frau, zu den Kindern, zur Familie – vorausgeht. Sie alle sind ein Geschenk Gottes, das umso wertvoller wird, je mehr wir mit Herz und Verstand auf Seinen Ruf antworten. In welcher Gestalt er sich auch zeigt, im Armen ist immer der gekreuzigte Jesus gegenwärtig – mit offenen Wunden und mit dem Blut, das auf die Menschheit tropft: Dort, in diesem Kranken oder in diesem Verzweifelten, ist Er. Darum bist du berufen, eine lebendige Hoffnung für ihn zu sein, indem du ihn aufnimmst und ihm zulächelst. Setz deinen Glauben in Bewegung, damit sich die Liebe in dieser Welt ausbreitet.

Der Arme braucht dein Vertrauen, deinen Glauben: Wenn er spürt, dass du an ihn glaubst und auf ihn hoffst, dann kann auch er wieder beginnen zu glauben, zu lieben und zu hoffen. Die Armen sind die konkrete Bewährungsprobe unseres Glaubens und unserer Nächstenliebe. Wir haben deswegen die Türen für die Jugendlichen öffnen können, weil wir zuvor unser Herz für Gott geöffnet haben. Der Vater beruft uns, daran mitzuarbeiten, dass diese Hoffnung wächst und der auferstandene Jesus immer mehr gegenwärtig ist inmitten der verletzten Menschheit, die sich nach dem Licht sehnt. Möge Jesus uns schenken, dass wir Seine Augen, Sein Angesicht und Sein Herz in den Menschen betrachten, denen wir täglich auf unserem Weg begegnen. Er schenke uns ein Herz, das arm und frei ist, gutmütig und einfach wie das Seine, damit alle Menschen Ihm in uns begegnen und Seinen Glanz erkennen können.

Mutter Elvira

15.) Den Zug nicht verpassen

Oft denke ich daran, wie wichtig es ist, Momente des Schmerzes und Leidens, der Ausgrenzung und Einsamkeit zu erleben, Momente des Scheiterns, der Enttäuschung und der Untreue; diese Momente sind Teil unserer menschlichen Erfahrung, weil sie zu unserem Dasein als Menschen dazugehören. Manchmal will der Herr uns am menschlichen Leid teilhaben lassen, und wir müssen die Fähigkeit erlernen, zu leiden und trotzdem für die anderen da zu sein. Um das tun zu können, müssen wir zu Gott rufen und Ihm unser Leid klagen, indem wir niederknien und auf den Gekreuzigten schauen. Wir müssen diese Haltung entwickeln, damit wir uns in den Momenten des Kreuzes nicht durch albernes Geschwätz ablenken und so diesen wertvollen Moment verpassen, in dem uns Jesus am Schmerz Seines Kreuzes teilhaben und uns einen Hauch Seines Leidens spüren lässt. Der Schmerz ist Teil des menschlichen Lebens; verdrängen wir ihn nicht und hüten wir uns davor, ihn durch unser Reden zu banalisieren!

Dies ist meine Erfahrung, die ich als schwache und einfache Frau gemacht habe – und ich weiß, dass auch ich diese Momente oftmals verpasst habe. Dann betrachte ich das Geschehene, denke noch einmal darüber nach und sage zu mir selbst: „Schau, was ich verpasst habe, wie unvollkommen ich doch war!“ In unserer Gemeinschaft gibt es ein Schlagwort, das uns begleitet, wenn wir leiden oder gekränkt werden; es besteht aus drei Worten: „Schweigen, schlucken, lächeln“. Wenn jemand zurechtgewiesen wird und sich rechtfertigt, dann sagen die anderen zu ihm: „Auch diesen Zug hast du verpasst!“ Sie meinen damit den „Zug“ der Reife und Selbstbeherrschung, die Fähigkeit zu schweigen und mit Würde und in Stille den Schmerz zu ertragen. Ich bringe den Jugendlichen diese Dinge bei, denn wenn sie aus der Gemeinschaft austreten, wird der Arbeitgeber nicht Unrecht haben wollen, ebenso wenig die Ehefrau; die Kinder werden widersprechen, und irgendwer muss verlieren, damit der Frieden bewahrt bleibt. Ja, denn der Friede ist das Wichtigste und das Verlierenkönnen ist unsere Hoffnung.

Das ist die geheimnisvolle Schule des Kreuzes, die Schule eines Gottes, der das Kreuz nicht erklärt, sondern angenommen hat: Sein Sohn hat es am eigenen Leib durchlitten. Jesus lädt uns ein, auf Ihn zu schauen und Ihn um den Glauben und die Liebe zu bitten, damit wir nicht die Hoffnung verlieren, sondern hinter der Dunkelheit des Karfreitags das strahlende Licht des Ostermorgens entdecken. Der auferstandene Jesus ist unsere wahre Hoffnung, denn in Ihm sind Leid und Tod überwunden. Dies ist die Erfahrung, die wir in der Gemeinschaft Cenacolo jeden Tag konkret erleben: Wir sehen, wie die Gesichter, die einst von der Verzweiflung gezeichnet waren, zu neuem Leben erblühen; sie beginnen wieder zu leuchten im Licht des Auferstandenen.

 

Mutter Elvira

14.) Gehen wir unseren Weg gemeinsam mit Christus

Durch einen Menschen ist der Tod in die Menschheitsgeschichte eingetreten, durch Christus gibt es die Auferstehung und das Ewige Leben.

Gehen wir unseren Weg gemeinsam mit Christus! Damit wir Ihm folgen können, muss in uns die Sehnsucht nach dem Gebet wachsen. Das Gebet ist ein inneres Licht, durch das wir unsere Wunden und Fehler erkennen. Jeder Fehler, der uns belastet, ist eine offene, blutende Wunde. Wenn wir nicht die Hilfe der anderen annehmen, die jeden Tag unsere Fehler sehen und unter ihnen leiden, dann sind wir in Gefahr, im Inneren sehr viel Wut und Traurigkeit aufzustauen und an der Oberfläche unseres Lebens stehenzubleiben.

Darum ist Jesus zu uns gekommen. Er ist von einem Gott gesandt, der Seine Geschöpfe liebt; ein Gott, der reich ist an Barmherzigkeit und erfüllt von unendlichem Frieden. Er straft nicht und Er macht keine Angst, denn Er weiß sehr gut, wie wir sind. Wir dürfen nicht Gott die Schuld geben, wenn unsere vielen Götzen, die wir selbst gemacht haben, uns versklaven und in den seelischen oder körperlichen Tod treiben.

Von Gott haben wir außergewöhnliche Gaben erhalten: die Freiheit, das Bewusstsein, die Vernunft – und trotzdem gebrauchen wir diese Gaben, um unseren Götzen zu dienen.

In vielen Familien gibt es keine Geduld, keine Vergebung und keine Dankbarkeit. Die Jugendlichen können deswegen nicht mehr danken, weil es ihnen niemand konkret gezeigt hat. Darum glauben sie, dass immer alles selbstverständlich sei.

Aber wir sind dazu geschaffen, gut zu sein, barmherzig und geduldig. Wir sind berufen, ein reines Leben zu führen, einen reinen Geist und ein reines Herz zu haben, die sich in unserer Lebenswirklichkeit widerspiegeln. Ein Leben im Schmutz tut uns nicht gut. Wir sind für den Frieden und die Freude geschaffen; und falls wir sie noch nicht gefunden haben, dann müssen wir uns nach dem Grund fragen, und wir müssen anfangen, sie in uns zu suchen.

Jesus kommt zu uns, um uns zu sagen: „Fürchte dich nicht, hab keine Angst: Meine Geduld und meine Liebe zu dir sind bedingungslos.“ Seine Liebe kennt keine Grenzen; sie erlöst Herz, Geist und Verstand vom Bösen. Aber wir müssen mitwirken, indem wir uns – persönlich und als Familie – auf den Weg einer ernsthaften Bekehrung machen.

Als Gott Mensch geworden ist, ist Er nicht als Mächtiger, Gebildeter oder Reicher auf diese Welt gekommen, sondern als Kind mit einem riesengroßen Herzen, das uns alle voller Liebe und Barmherzigkeit umfängt. Er will uns lehren, was das Wesentliche im Leben ist: die Demut, die Reinheit, das Vertrauen.

Um Ihn aufnehmen zu können, müssen wir wie Kinder werden und uns von Ihm umarmen lassen. So gelangen wir zum Herzen des Vaters; dieses ist die Quelle des Seins, aus der wir stammen.

Keine Frau, kein Mann, kein Kind und kein Liebhaber kann dieses Kommen Jesu in unsere Herzen ersetzen.

Wir müssen die Antwort in Ihm suchen, denn Er ist geboren, um uns zu retten und unser Inneres zu heilen; Er sagt uns, dass Er Leben ist, Ewigkeit und Treue.

Wir alle haben in uns die Sehnsucht nach Unsterblichkeit und Fülle; wir sehnen uns nach wirklichen Antworten, aber wir müssen Jesus unser Herz öffnen und Ihn eintreten lassen.

Zu Beginn seines Pontifikates hat Johannes Paul II. laut ausgerufen – vielleicht haben noch nicht alle diesen Ruf vernommen –: „Öffnet die Tore für Christus!“ Die Tür des Herzens, aber auch die der Familien. Wenn ein Kind an der Türschwelle des Hauses stünde und anklopfte – wer würde ihm nicht öffnen?

Wenn wir die Türen des Herzens öffnen, werden wir uns nicht mehr einsam und krank fühlen.

Mutter Elvira

13.) Wir warten auf eine Begegnung

Wir erwarten eine Begegnung, die nicht beendet sein wird mit dem Weihnachtsfest. Jeder von uns hat etwas, das er sich von Herzen wünscht, etwas Wahres, Schönes und Großes. Damit es uns auch äußerlich gut geht, müssen wir um Gaben für unser Inneres bitten. Das was wir tun, enttäuscht uns manchmal, denn wir umarmen es nicht mit ganzem Herzen, sondern betrachten es, als ob es etwas außerhalb von uns wäre. Es gehört nicht zu uns, ernährt uns nicht und schenkt unserem Herzen keine Freude.
Achten wir darauf, dass nicht auch das Christkind bloß etwas Äußerliches für uns wird. Jesus muss stattdessen für uns jemand sein, der uns in unserem Inneren antwortet und uns die Kraft für richtige Entscheidungen schenkt. Ich lade euch alle ein, nicht an die negativen Dinge zu denken, die wir in uns tragen. Lasst uns stattdessen dem Jesuskind ein schönes Lächeln schenken. Lösen wir uns von allen Schatten, damit sie verschwinden. Entscheiden wir uns, im Licht zu sein und im Glanze des Lichtes zu leben, das die Engel zur Geburt Jesu mitbringen.
Das Geschenk, das wir von Jesus erbitten können, soll zu allererst die Fähigkeit sein, uns gut mit uns selbst zu verstehen, mit uns im Frieden zu sein, gelassen und mit Freude an unseren Leben. Versuchen wir zu leben in der Gegenwart Jesu: Er kommt zur „Erde“ unseres Lebens, um uns von Seinem Leben zu geben und sich selbst in unsere Hände zu legen. Wer weiß ob wir fähig sein werden, ihn aufnehmen: Wollen wir Jesus bei uns haben oder nicht? Wenn Er da ist, fehlt nichts! Wir erfahren eine Qualität des Lebens, der Freude, der Liebe und des Friedens, die wir nie zuvor erlebt haben.
Es sind schon zweitauend Jahre, dass sich die Geschichte der Weihnacht wiederholt, und es gibt immer noch Menschen, die Jesus vor der Tür lassen wie einen Bettler. Er steht draußen, vor der Tür unseres Herzens und klopft an, weil Er weiß, dass wir ohne Ihn nichts zu Wege bringen. Wir behalten stets einen bitteren Geschmack im Mund, auch wenn wir den Eindruck haben als hätten wir etwas Wichtiges geschafft, ein tiefes Gespräch erlebt oder eine echte Freundschaft aufgebaut. Nach kurzer Zeit löst sich alles in Rauch auf, denn ohne Jesus haben die Dinge keinen Bestand.
Das Erste muss also sein, Jesus zu begegnen, Ihm die Tür zu öffnen und ihm erlauben einzutreten in unser Haus. Dann werden wir sehen, dass aus allem Schönen und Authentischen, das sich auf Ihn stützt, echte Freude, lebendige Hoffnung und tiefer Friede wird, die wahre Freude der Weihnacht.

Mutter Elvira

12.) Das Rosenkranzgebet bestimmt den Rhythmus des menschlichen Lebens

Wir haben uns unbeschreiblich gefreut, als wir das Apostolische Schreiben von Papst Johannes Paul II. über den Rosenkranz (Rosarium Virginis Mariae – vom 16. Oktober 2002) gelesen haben. Denn dieses Gebet bestimmt seit den Anfängen der Gemeinschaft unseren Tagesablauf; mit Hilfe dieser „heiligen Perlenschnur“ sind viele Jugendliche auferstanden, die in der Gemeinschaft Cenacolo gelebt haben; viele verzweifelte Familien haben in der Schule dieses einfachen, aber kraftvollen Gebetes Frieden, Freude und Vergebung gefunden.

Der Rosenkranz ist ein großartiges Geschenk Gottes an die Menschheit, denn durch dieses Gebet erlangen wir außerordentliche Gnaden. Vielleicht mag es dem einen oder anderen altmodisch und monoton erscheinen, wir aber können euch bezeugen, dass es Heilung und Befreiung, Frieden und Versöhnung bewirkt.

Warum beten wir den Rosenkranz in der Gemeinschaft – einen am frühen Morgen, einen am Nachmittag und einen am Abend? Weil dieses Gebet den Morgen, den Nachmittag und den Abend unseres Lebens – unsere gesamte Existenz – prägen soll.

Die Morgenröte eines jeden Tages ist der Beginn unserer Geschichte. Darum richten wir unseren Blick auf die Geburt Jesu; wir begegnen Ihm im „Ja“ Mariens. So soll auch unser Leben neu geboren werden und durch unser „Ja“ zu Seinem Liebesplan mit Ihm täglich neu beginnen.

Dann kommt der frühe Nachmittag, die Jugendzeit, die oft das schwierigste Alter ist, weil du nach dem Sinn des Lebens suchst. Wenn du zwölf, dreizehn oder vierzehn Jahre alt bist, beginnst du, die Fehler deiner Eltern zu sehen, die Schule wird dir zu eng und die Unterschiede zwischen Arm und Reich belasten dich. Du weißt nicht, wofür du dich entscheiden sollst, du leidest unter einem unglaublichen Kampf deiner Gefühle, und manchmal gibt es eine heftige Auseinandersetzung mit dir selbst und mit deiner Umgebung. Dies ist eine Zeit, auf die wir Erzieher uns sehr gut vorbereiten müssen, um wahre und überzeugende Antworten auf die tiefgreifenden Fragen zu geben, welche uns die Jugendlichen durch ihre Widerstände stellen.

Aus diesem Grund beten wir am frühen Nachmittag – das ist die Jugendzeit, in der viele Fragen unbeantwortet geblieben sind – den schmerzhaften Rosenkranz, damit das Leiden Jesu die Wunden, die schlechten Erinnerungen und die jähzornigen Verurteilungen heilt, die uns in der Jugendzeit dazu gebracht haben, aufzubegehren und den Weg des Bösen einzuschlagen.

Dann kommt der Abend. Das Beten des dritten Rosenkranzes ist bereits ein Blick auf den Lebensabend, indem es die Jahre der Müdigkeit, des Alterns und der Krankheit vorwegnimmt. Aber mit dem Rosenkranz in der Hand wirst du den Mut nicht verlieren, sondern innerlich erfüllt werden; du wirst einen klaren Geist haben und im Herzen eine außergewöhnliche Freiheit besitzen.

Durch die Betrachtung der Auferstehung Christi bereitest du dein Herz vor auf die endgültige Begegnung mit Ihm, und du entdeckst, dass der Schmerz ein neues Leben hervorbringt und dass die eigentliche Wirklichkeit, die dich erwartet, der Himmel ist. Ich bin dabei, mich auf diese Jahre vorzubereiten, denn es ist mir wichtig, mit Licht im Verstand und Freude im Herzen dort anzukommen, mit einer lebendigen Hoffnung und immer neuem Mut.

So soll der ganze „Tag unseres Lebens“ von diesem Rosen-Kranz eingerahmt sein: Im Rosenkranzgebet legen wir unsere Geschichte durch das Herz Mariens in das Leben Christi hinein und lassen zu, dass Sein Leben unseren Alltag prägt.

Mutter Elvira

11.) Die Begegnung mit Jesus ist unser Fest

Liebe Jugendliche, es ist an der Zeit, die „heilige Reise“ des Glaubens anzutreten: Ihr habt die Fähigkeit, ausdauernd und beharrlich die Freude zu suchen, bis ihr sie findet. Und das ist die größte Freude: Ihm zu begegnen! Vergesst nicht: Ihr seid nicht allein und werdet es nie sein! Denn Er ist immer bei euch; dein Leben ist für Gott der Himmel – wenn du Ihn einlässt. Unser Gott wartet nur darauf, Er hat diese große Sehnsucht, dass wir Ihm die Tür öffnen, damit Er uns seine treue und vorbehaltlose Liebe schenken kann; eine Liebe, die niemals enttäuscht. Manchmal frage ich mich, wie Er es schafft, jeden von uns zu lieben, die wir doch so unterschiedlich sind. Er liebt uns mit einer einzigartigen, besonderen und persönlichen Zärtlichkeit. Er ist dazu fähig, weil er uns zutiefst kennt, er hat uns geschaffen und gewollt. Er ruft jeden von uns beim Namen, und wir sollen entdecken, was wir in seinen Augen sind: Auferstandene; wir sind eine „neue Schöpfung“, denn wir haben der Liebe Gottes in unserem Leben Raum gegeben. Er ist ein Gott, der aufgenommen werden möchte. Darum kommt Er, aber Er bleibt vor der Tür unserer Freiheit stehen und klopft an. Lassen wir ihn nicht draußen stehen wie einen Bettler! Öffnen wir Ihm die Tür! Unser geliebter Papst Johannes Paul II. hat es immer wieder gesagt: „Öffnet die Tore für Christus, mehr noch: Reißt sie auf!“ Und Papst Benedikt XVI. hat bekräftigt: „Habt keine Angst vor Christus. Wer Ihn eintreten lässt, verliert nichts. Er gibt alles…“ Aber niemand kann das an unserer Stelle tun, denn jeder von uns hat dieses großartige Geschenk der Freiheit erhalten. Und auch wenn wir schlecht damit umgegangen sind, so hört Er nicht auf, es uns zu schenken.

Der Herr gibt uns die Möglichkeit zu einem ehrlichen und freudigen Leben. Aber um das verwirklichen zu können, müssen wir den Mut haben zum Gebet, damit es uns erleuchtet; das Wort Gottes muss uns lehren und zur Nahrung werden; und wir müssen uns auf die Kirche einlassen, denn sie begleitet uns auf dem Weg.

„Wir sind gekommen, um Ihn anzubeten“ – dieser Satz führt uns nach Betlehem zu den drei Sterndeutern. Auch sie haben sich auf den Weg gemacht und haben Schwierigkeiten überwinden müssen, um ihr Ziel zu erreichen und den König zu finden, den sie gesucht hatten: In Betlehem sind sie dem neugeborenen, dem kleinen Jesus begegnet; Er hat nichts zu ihnen gesagt, denn ein Neugeborenes spricht noch nicht, aber die Sterndeuter haben sich trotzdem hingekniet, um Ihn anzubeten. Und sie wurden so sehr erleuchtet, dass sie ihren Weg änderten. Und warum? Dieser neue Weg ist ihr verwandeltes Leben. Dort in Betlehem sind sie Dem begegnet, der die wahre und immer neue Freiheit ist. Und heute seid ihr dran, diese Begegnung zu erfahren, gerade weil es niemanden gibt, der wie ihr frei und glücklich sein möchte. Die wahre Freiheit ist es, den Glauben zu leben, den Heiligen Geist in uns wirken zu lassen. Er befreit uns aus der Sklaverei der Sünde; Er öffnet unseren Kerker und zerbricht die Ketten unseres verkehrten Denkens, die unser Gewissen einengen.

Ihr Jugendlichen seid die Zukunft der Menschheit, ihr seid unsere Hoffnung, ihr seid die „Wächter des Morgens“. Enttäuscht nicht das Vertrauen, das Gott zu euch hat, sondern erlaubt Ihm, einzutreten und in eurem Herzen zu wohnen; denn Er ist es, Den ihr sucht.

Mutter Elvira

10.) Das Lächeln des Herzen

Wenn ich Jugendlichen begegne, kommt es manchmal vor, dass einer von ihnen zu mir sagt: „Aber ich sehe und spüre den lebendigen Gott nicht, den Auferstandenen, von dem du sprichst.“ Sie sagen das mit einem herausfordernden Unterton, vor allem aber mit einer Mischung aus Traurigkeit und Sehnsucht, so als ob sie sich bewusst wären, dass sie diesen lebendigen Gott sehen und fühlen müssen, um zu neuem Leben zu gelangen. Dann antworte ich ihnen: „Hast du Ihm denn die Tür geöffnet? Hast du versucht, Ihm zu sagen: ‚Herr, ich brauche Dich!‘?“

Die Tür des Herzens hat nur eine Klinke und zwar auf der Innenseite: Nur wir sind in der Lage, Ihm in Freiheit diese Tür zu öffnen. Er klopft an und möchte eintreten, um uns glücklich zu machen; dann wird unsere Freude vollkommen sein. Wenn Er nach einem langen Winter eintritt, beginnt wieder der Frühling: Das Herz öffnet sich weit in einem wunderschönen Lächeln. Ich sage immer wieder zu unseren Jugendlichen, dass wir, wenn wir am Morgen aufwachen, zuallererst unserem Leben zulächeln sollen, denn es ist ein wunderbares Geschenk, in das wir uns verlieben müssen und das wir jeden Tag neu empfangen. So durchdringt die Sonne die Mauern deines Herzens und erleuchtet alles. Warum sollten wir also betrübt sein? Die Zeiten der Dunkelheit und Traurigkeit, die Zeiten der Verzweiflung und Angst sind vorbei: Jesus lässt uns nicht allein, Er schenkt uns den Heiligen Geist, die Liebe, mit der der Vater Ihn liebt und mit der Er uns geliebt hat.

Aber oft fragen wir uns: „Wo ist denn die Liebe? Was ist eigentlich die Liebe?“ Die Liebe ist ein Weg, der aus vielen Schritten besteht und der unser ganzes Dasein beansprucht. Wir wollen diesen Weg der Liebe beginnen, indem wir vergeben, indem wir gütig sind, barmherzig und geduldig. Die Liebe muss im Kopf beginnen, mit einem klaren, frischen und reinen Gedanken. Dann kommen die Augen, die Hoffnung, Freude und Optimismus ausstrahlen sollen; dann die Ohren, die lernen sollen, auf neue Weise zu hören; und schließlich der Mund, der lächeln und zum Leben ermutigen soll, der aber auch in einem friedvollen Schweigen verharren kann, das unsere Aufregung beruhigt und oft mehr sagt als tausend Worte. Dann lernt unser ganzes Leben eine neue Sprache, die aus selbstlosen Gesten besteht, die von Herzen kommen.

Viele Heilige haben den Mut zur Veränderung gehabt: Menschen, die innerlich voller Zorn waren, sind auf einmal demütig, friedvoll und ruhig geworden, weil sie dem Heiligen Geist erlaubt haben, in ihnen zu wirken. Wenn wir auf sie schauen, dann erkennen wir, dass die Liebe wirklich existiert und dass der Heilige Geist kein „Gespenst“ ist, sondern eine lebendige Person, die uns verändert.

Ich habe mir den Heiligen Geist immer wie ein lebhaftes, kleines Kind vorgestellt, das voller Phantasie und Lebensfreude ist und immer neue Einfälle und Ideen hat: Das ist die Liebe! Aber um diesem Kind zu begegnen, müssen wir uns kleinmachen und selbst zu Kindern werden. Aus diesem Grund gehen wir in der Gemeinschaft zum Beten auf die Knie; dabei wird uns bewusst, dass wir klein und bedürftig sind und die Wahrheit der Liebe Gottes brauchen. Ohne die Begegnung mit dieser Wahrheit können wir unser Menschsein nicht voll verwirklichen: Wir sind nicht fähig zu lächeln und mitzufühlen; es fällt uns schwer, Zeichen der Güte und Barmherzigkeit, der Geduld und des Friedens zu setzen. Öffnen wir darum unsere Herzen für dieses Licht und dieses Feuer, öffnen wir uns für die Liebe und für Seine Gegenwart: Alles, was wir brauchen, ist der Heilige Geist.

Er ist der Geber aller Gaben und möchte uns auf einzigartige Weise beschenken: Er will unsere Herzen und unsere Vergangenheit verwandeln und die tiefen Wunden unseres Inneren heilen, damit wir im Frieden mit uns selbst leben. Der Heilige Geist ist auf Maria und die Apostel herabgekommen: Bitten wir Ihn inständig, dass Er auch auf uns herabkommt, um uns zu neuen Menschen zu machen, zu Menschen, die mit Christus auferstanden sind.

Mutter Elvira

9.) Der Heilige Geist ist ein immerwährendes Lächeln

In unserem Leben in der Gemeinschaft wollen wir Den nicht ausschließen, der uns befähigt, miteinander zu sprechen und in Gemeinschaft zu treten. Durch die Freundschaft mit Jesus werden dir Dinge möglich, an die du nicht einmal im Traum gedacht hättest: Auf dem langsamen und schrittweisen Weg der Befreiung und mit Rücksicht auf die Zeit, die der Einzelne braucht, bewirkt Er sie in dir.

Dadurch sehen wir, dass das Gespräch mit Jesus uns von jeder Art von Angst freimacht, wenn wir lernen, unaufhörlich die Gabe des Heiligen Geistes zu erflehen.

Wenn wir darin nicht nachlassen, wird der Vater Ihn zu uns senden. Der Heilige Geist ist jemand, der in unser Inneres kommen will; aber wie viel Raum geben wir Ihm, damit Er in unserem Herzen und in unserer Lebensgeschichte wirken kann? Denkt daran, dass Er – noch bevor wir heute Morgen aufgestanden sind – bereits das Licht eingeschaltet hat: Er hat die Sonne aufgehen lassen und der Natur ihre Farben gegeben. Aber unsere Liebe ist derartig „ausgetrocknet“, dass uns all das manchmal unmöglich erscheint, und darum messen wir Gott mit unserem Maß: mit unserer Traurigkeit und Engherzigkeit, mit unserem Egoismus und unseren Ängsten. Wir verstehen einfach nicht, dass Er ein immerwährendes Lächeln ist, eine ewige Freude, die sich in unserem Leben ausbreiten möchte! Der Herr zögert nicht, sich uns zu zeigen. Und der Heilige Geist – der Einzige, der uns heilen und gesund machen kann – hilft uns, Gott in uns Raum zu geben. Darum müssen wir Ihn mit Glauben bitten.

Unser Dasein als intelligente, freie und innerlich starke Männer und Frauen ist das Schönste auf der Welt. Aber nur indem wir die Wahrheit leben, das heißt, indem wir uns in Gott, in Seinem Wort und Seinem Geist widerspiegeln, bringen wir unser Dasein zur vollen Entfaltung.

Wir müssen uns bewusst werden, dass wir Sünder sind, aber trotz allem von Ihm geliebt werden; Seine Liebe vergibt uns und Seine Gnade richtet uns wieder auf.

Das Wunder der Gemeinschaft besteht darin, dass Jugendliche aus allen Ländern und Religionen, aus allen Sprachen, Altersschichten und Kulturkreisen durch die Kraft der Liebe Gottes in Frieden zusammenleben und sich gegenseitig vergeben!

Mutter Elvira

8.) Jesus ist auferstanden, um uns in Bewegung zu bringen

Der auferstandene Jesus ist das Herz der Welt, das das ganze Universum belebt; Er ist ein Lichtglanz, der vom leeren Grab ausgeht und die ganze Menschheit – der Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft – umstrahlt.

Jesus ist auferstanden. Das ist ein besonderes und einzigartiges Ereignis, das den Sieg verkündet: den Sieg des Lebens über den Tod, des Lichtes über die Dunkelheit, der Liebe über die Sünde. Das Osterfest ist das Fest der „eilenden Schritte“: Müde, traurig und enttäuscht kommen alle am Grab an, aber im Laufschritt brechen sie von dort wieder auf.

Der Auferstandene bewirkt in uns die Dynamik, den Elan und den Eifer der Verkündigung.

Wo sind heute diese Apostel, Petrus und Johannes, die aufbrechen und in die Welt ziehen? Wo sind die „Magdalenas“, die – mit Gott versöhnt und von der Sünde befreit – allen verkünden, dass Jesus lebt? Wir sind es, die Getauften!

Wir sind das Volk Gottes, das allen die Freude der Erlösung weitergeben müsste. Durch die Taufe und die anderen Sakramente wird die Welt unseres Herzens gründlich gereinigt und erneuert: Wir werden von bloßen Geschöpfen zu Kindern Gottes!

Das ist etwas Außergewöhnliches: Der Himmel kommt auf die Erde herab, um in unseren Herzen etwas ganz Besonderes zu vollbringen, das wir nicht nur für uns behalten dürfen, sondern verkündigen müssen.

Zu viele Menschen wissen noch nicht, dass es einen Erlöser gibt, der gekommen ist, um uns die Barmherzigkeit und Liebe Gottes zu bringen. Noch immer ist die Welt dunkel und bedrückt, voller Angst und Finsternis, weil wir Christen für andere Dinge leben und uns nicht mehr des wertvollen Schatzes bewusst sind, den wir in Händen tragen: Wir sprechen über belangloses Zeug und halten unnütze Dinge für wichtig. Unser Kopf „raucht“, weil wir uns zu viele Sorgen machen, anstatt unsere eigentliche Mission auf dieser Erde zu erfüllen; die Selbstsucht macht uns traurig und unsere Ängste werden größer.

Obwohl wir durch unsere Berufung zur Familie Gottes gehören, versinken wir oft im Sumpf des Egoismus dieser Welt. Wir sind gerufen, die Höhen der freimachenden Verkündigung zu erklimmen, aber wir lassen uns die Füße anketten von der Oberflächlichkeit des Lebens. Christus ist auferstanden! Er ist wahrhaft auferstanden!

Dies ist die Erfahrung, die ich seit Jahren täglich mache, die ich mit meinen Augen betrachte, mit meinen Händen berühre und mit meinen Ohren höre: Die Toten stehen auf, die Gefangenen werden frei, die Blinden sehen – die Kraft Seiner Auferstehung bewirkt unsere Auferstehung.

Jeden Tag gibt es tausend Gelegenheiten, das zu bezeugen und sichtbar zu machen, was der Herr für uns getan hat: ein Lächeln; ein Moment der Vergebung; eine Umarmung; eine Tat der Nächstenliebe; eine Arbeit, die aus Liebe und mit Liebe getan wird…

Maria Magdalena und die Apostel sollen uns Vorbild sein, damit wir wieder zu laufen beginnen, um allen die Frohe Botschaft zu bringen: Der Tod hat nicht mehr das letzte Wort – er ist besiegt durch das Leben Christi!

Mutter Elvira

7.) Wir lieben, weil er uns zuerst geliebt hat

Unsere Kraft, unser Mut, unser Ein und Alles ist die Liebe. In unserem Inneren liegt die Quelle der Liebe, und jetzt ist der richtige Moment, sich auf den Weg zu machen, um die Liebe im Leben zu verwirklichen. Geben wir der Liebe Raum, im Inneren unseres Selbst, damit wir durch sie von all dem befreit werden, was uns wehtut, was uns demütigt und erdrückt. Tauchen wir in dieser Gnadenzeit ins Gebet ein; das Gebet ist das mächtigste Wort, das uns zur Quelle des Lebens führt, da es das Wunder der „Schwäche“ Gottes ist: Er lässt sich von unseren Gebeten berühren und erhört uns, weil wir alle Seine Kinder sind, auf die Er immer mit väterlicher Güte schaut.

Wir sollten uns immer an die Worte Jesu erinnern, der gesagt hat, dass wir wieder zu Kindern werden müssen, um ins Reich Gottes zu gelangen. Das Reich Gottes beginnt zwar schon hier, aber nur wenn wir wie Kinder werden, wird unser Leben wahrhaftig sein, nur dann ist es erfüllt von Schönheit und Stärke, Trost und Lachen, Vergebung und Barmherzigkeit – von all dem, was wir uns immer gewünscht haben.

Es ist so schön, junge Frauen zu sehen, die ein Kind erwarten! Leider geschieht das heutzutage viel zu selten; wegen des Egoismus der Erwachsenen gibt es kaum noch Kinder. Darum sind wir es, die wieder zu Kindern werden müssen, damit es auf der Erde wieder viele „Kleine“ gibt. Dann wird die Gottesmutter lächeln, und Jesus wird sagen: „Lasst die Kinder zu mir kommen!“

Wir brauchen die Gegenwart Jesu, denn Er kennt unsere Abgründe: Er weiß, warum wir bestimmte Dinge tun und für wen wir sie tun. Aber wenn wir Ihm nahe sind, dann besteht nicht die Gefahr, dass wir Dinge aus Ruhmsucht oder aus Ehrgeiz tun, denn auch wenn wir nicht perfekt sind, ist es trotzdem in Ordnung! Schauen wir auf Maria, diese „kleine Frau“, der wir alle gern begegnen würden. Gerade weil sie arm und schwach ist, hat sie ein Herz groß wie die Menschheit. Wenn wir zu ihr beten, dann wollen wir auf ihr Herz schauen, das für die ganze Welt schlägt.

Wir wiederholen in unserem Inneren die Worte von Elisabeth, wenn wir sagen: „Du bist gebenedeit unter den Frauen und gebenedeit ist die Frucht deines Leibes, Jesus.“ Wir sehen vor unserem geistigen Auge, wie Maria Jesus in ihrem Schoß trägt. So begegnen wir der „gebenedeiten Frucht“, die zu uns kommt, die sich in eine Futterkrippe legen lässt, die uns nährt und uns befreit von unseren Ängsten und all dem Schlechten, das in uns steckt.

Vertrauen wir uns Maria an; sie ist unsere Mutter, die für die „Kleinen“ da ist. Mit ihrer Hilfe sind wir fähig, unser Leben zu umarmen und als „gebenedeite Frucht“ der barmherzigen Liebe Gottes anzunehmen.

Mutter Elvira

6.) Kinder der Auferstehung

Lasst uns gemeinsam gehen und die Hoffnung im Herzen bewahren, auch wenn das Dunkel und die Bitterkeit, die Traurigkeit und die Angst unserer Welt oft eine Belastung für uns sind, wenn sie uns entmutigen und Angst machen.

Gehen wir weiterhin ohne Angst auf unseren Wegen, denn wir tragen die sichere Gewissheit im Herzen, dass es eine Mitte gibt, von der unser Leben angezogen wird; eine Mitte, die unseren Schritten Orientierung gibt, die uns nicht betrügt und nicht enttäuscht: Es ist die Auferstehung Christi; sie ist das lebendige Herz der Welt.

Natürlich gibt es die persönlichen und gemeinschaftlichen Kreuze; jeden Tag stehen wir mitten in der Welt, die oft den Glauben verrät und an den Rand drängt, die die Hoffnung auslöscht und ungerecht handelt… Obwohl diese Realität das Leben – in uns und um uns herum – behindert, haben wir dennoch eine Sicherheit und einen festen Bezugspunkt; wir haben eine Sonne, die aufgeht und die unserem Leben Sicherheit und Heiterkeit verleiht: Jesus von Nazareth hat die Welt überwunden! Er ist der Brennpunkt, der Polarstern, das Ziel, auf das wir unsere Schritte richten: Sein am Kreuz durchbohrtes Herz wird durch die Auferstehung zur Quelle eines neuen Lichtes, zu einem Strom der Barmherzigkeit, der die Sünde und den Tod besiegt; es entfacht eine lebendige Hoffnung, die das ganze Universum umarmt und die wahre Freiheit erwartet.

Diese Liebe ist Fleisch geworden; im Schoß der Jungfrau Maria ist sie Mensch geworden. Diese Liebe besiegt die Welt, die Sünde und das Böse. Der Tod hat nicht mehr das letzte Wort! Wir glauben an diese Liebe, eine Liebe, die geboren ist, die wirklich gelebt hat, die für uns gestorben und auferstanden ist.

Der gekreuzigte und auferstandene Jesus enttäuscht uns nicht: Durch die Vielen, die sich in diesen zweitausend Jahren auf den Weg des Glaubens und der Hoffnung gemacht haben, kommt Sein Licht zu uns. Es umhüllt und erleuchtet uns, so dass wir durch die Begegnung mit Ihm zu neuen Menschen werden.

Unser auferstandenes Leben wird zu einem greifbaren Zeichen, zu einem wirklichen Zeugnis: Es spricht davon, dass wir Kinder Gottes sind – Kinder eines lebendigen und auferstandenen Gottes, der den Tod besiegt hat. Nur ein Auferstandener ist fähig, die Toten zu erwecken, die Ketten der Gefangenen zu zerbrechen und das Augenlicht des Glaubens denen zurückzugeben, die viele Jahre lang blind waren und im Dunkel umhergeirrt sind.

Daher haben wir die Sicherheit, dass eine Umwandlung in uns geschieht, die ihren Ursprung in Seinem Sieg über den Tod hat; durch unseren Glauben wird sie gegenwärtig und lebendig. Wir waren tot, heute leben wir: Wir sind Kinder der Auferstehung, sind Auferstandene in Christus! Das möchten wir euch zurufen und verkünden; durch die Begeisterung und Freude unseres wiedergefundenen Lebens wollen wir davon Zeugnis ablegen. Denn es ist wirklich so: Wenn jemand in Christus ist, dann ist er eine neue Schöpfung!

Mutter Elvira

5.) Der Frühling im Herzen

Die Schlagzeilen sind oft voll vom Leid vieler Kinder: Sie werden misshandelt, ausgenutzt, prostituiert und wer weiß welchem Schicksal überlasse. Das Kind ist nicht mehr jener kostbare Edelstein, den es zu schützen und zu lieben gilt, es ist nicht mehr „nu piezzo ‘e core”, „ein Stück vom Herzen“, wie man in Neapel sagt. Vom größten Geschenk scheint es zu einer Last geworden zu sein, derer man sich entledigen muss. Der Egoismus der Erwachsenen hat das Kind zu einem „Objekt“ werden lassen, an dem man seine Triebe auslebt, das man benutzt, um an Geld zu kommen, oder das man auf den Müll wirft wie etwas, das man nur schnell loswerden will.

Und all das geschieht vor unseren Augen – und zwar nicht nur einmal, sondern immer wieder und mit einer Regelmäßigkeit, die schon fast zur Normalität geworden ist. Wenn wir eine solche Nachricht hören oder lesen, erwacht manchmal das Gewissen für einen Augenblick aus dem Tiefschlaf, in den die Welt es verbannt hat, aber dann geschieht es viel zu oft, dass alles wieder so wird wie vorher.

Wir hingegen wollen jenem Schrei eine Stimme geben, der angesichts der großen Bosheit der Menschen in uns aufsteigt: „Warum das alles? Wie kommt es, dass der Mensch auf so ein Niveau der Grausamkeit und des Egoismus absinkt?“ Eine Welt, die nicht liebt und die Kleinen nicht wertschätzt, die die Schwachen nicht verteidigt, ist eine Welt der Toten, eine Welt der Verzweifelten. Eine Welt, die das Leben zurückweist, die das Leben der Kinder vergewaltigt, ist eigentlich nicht wert, „Welt“ genannt zu werden. Und trotzdem ruft Gott uns auf, gerade diese Welt zu lieben. Er beruft uns, Hoffnungsträger, Funken des Lichtes und der Güte zu sein, damit diese Menschheit zum Leben aufersteht. Heute leiden wir unter einer tödlichen Krebserkrankung: Wir sind unfähig zu lieben. Wer nicht liebt, bleibt im Tod. Er lebt nicht, denn er leidet nicht und kämpft nicht, er freut sich nicht und weint auch nicht. Wer nicht liebt, dem ist alles gleichgültig! Oft aber liegt es daran, dass diejenigen, die nicht lieben können, nie die Liebe kennengelernt haben. Sie sind nie der wahren Liebe begegnet, die dich innerlich ergreift, die dein Leben „umkrempelt“ und die in dir den brennenden Wunsch erweckt zu lieben. Ja, die Liebe bringt Liebe hervor… Und heute ist es so wichtig, dass es Menschen gibt, die Hoffnung verbreiten.

Wir brauchen neue Familien, denn wenn die Familie erneuert wird, wenn die Eltern sich bekehren, werden die Kinder gerettet. Das ist die Herausforderung, vor die der Herr uns stellt und von der unsere Zukunft und die unserer Kinder abhängt.

Wem wollen wir folgen? Wer ist unser Lehrmeister? Was erwartet er von uns? Von der Antwort auf diese Fragen hängt es ab, ob in unserer Familie, bei unseren Angehörigen und Kindern die Freude oder die Traurigkeit vorherrscht; daran liegt es, ob es Frühling oder Winter in unseren Herzen ist.

Täglich erleben wir die Auferstehung der Jugendlichen, die verloren und „tot“ in unsere Häuser eintreten; wir sehen, wie Familien, die von Schmerz und Hoffnungslosigkeit zerstört waren, wieder aufblühen und wie die Kinder unserer Missionshäuser, die von Gewalt und vom Leben auf der Straße gezeichnet sind, neues Leben finden. Sie alle schöpfen wieder Hoffnung, neue Farbe kommt in ihr Leben und ihre müden Augen beginnen wieder zu leuchten. Darum sind wir davon überzeugt, dass auch im schwärzesten Dunkel ein Licht auftauchen kann; es ist möglich, dass in der tiefsten Traurigkeit neue Freude auflodert und in der bittersten Einsamkeit ein Freund an deine Seite tritt.

Ja, wir wollen Zeugen dieser Hoffnung sein; wir wollen der ganzen Welt verkünden, dass das Geheimnis des neuen Lebens darin liegt, das Herz jenem wunderbaren Vater zu öffnen, der jeden von uns als Sein kostbarstes Kind annimmt.

Mutter Elvira

4.) Das Leiden in Liebe verwandeln

Die Fastenzeit ist eine besondere Zeit, die uns zum Herzen des christlichen Glaubens führt: Sie führt uns zum Augenblick unserer Erlösung, zu den Drei Österlichen Tagen des Todes und der Auferstehung Jesu. Die Fastenzeit ist ein Eintauchen in das allumfassende Leiden Jesu, das Er liebend angenommen hat; so ist dieses Leid für die ganze Menschheit zu einem Werkzeug des Heils geworden. Es ist als wenn all das Leid, das ihr erlebt habt, all eure Angst und Traurigkeit sich auf dem Leben Jesu ansammeln. Er hat all unsere Leiden auf sich nehmen wollen, um ihnen Sinn und Kraft zu verleihen; so hat sich dieser Schmerz in Liebe verwandelt.

Einer seiner Jünger hat ihn verraten, ein anderer ihn verkauft, alle sind geflohen und haben ihn im Stich gelassen. Seit seiner Geburt hat man ihm nach dem Leben getrachtet, und während seines öffentlichen Wirkens musste er vor denen fliehen, die ihn steinigen wollten… Er hat „geschluckt“, geschwiegen und gelitten. Jesus hat das gesamte Leid der Menschheit, das Leid aller Menschen – auch derer, die noch kommen werden – auf sich genommen. Wir müssen fähig werden, auf diese Liebe zu antworten.

Die wirkliche Liebe erwächst aus dem Leiden: Ich bin ganz sicher, dass jeder von uns gerade in der Krise und im Leid besonders intensiv gebetet und sich nach der Liebe und dem Leben ausgestreckt hat. Jedes Mal, wenn wir wirklich leiden, wachsen wir in der Liebe – aber nur dann, wenn wir uns nicht sofort einen „Abfalleimer“ suchen, indem wir den Schmerz, den wir aufgrund einer Ermahnung oder Demütigung empfinden, auf jemand anderen „abladen“.

Wann lernen wir zu lieben? Wenn wir fähig sind, so zu leiden wie Jesus. Der Schmerz und das Leid, die schwierigen Momente treffen alle, aber denken wir daran: Wenn wir diese Prüfung überwunden haben, sind wir freier und stärker, und vor allem – wir sind dem Himmel einen Schritt näher gekommen. Die wahre Liebe besteht nicht darin, dass alle uns mögen, sondern darin, dass wir uns entscheiden, die anderen gern zu haben. Aber wenn wir uns beklagen und jammern, dann beflecken wir unser Gewissen; außerdem werden wir geschwächt und erleiden „Kursverluste“. Wenn jemand zu dir kommt, um zu jammern, dann solltest du den Mut aufbringen und sagen: „Geh zu Jesus und sag es Ihm, denn ich kann nichts tun; ich würde dich nur schwächen.“ Denn oft denken wir, dass dieses oder jenes die Ursache unseres Leidens sei, aber das ist nicht wahr! Wir leiden, weil wir Negativität verbreitet haben, weil wir nicht fähig waren, eine Meinungsverschiedenheit zu ertragen, Vorwürfe anzuhören.

In unseren Häusern lernen wir, der betroffenen Person gegenüberzutreten, aber zuvor ist es notwendig, drei Tage lang für den Bruder oder die Schwester zu beten. Dann erst trifft man sich, um miteinander zu sprechen und zwar in einem anderen Geist: im Frieden und im Bewusstsein, dass ich nicht weniger arm und bedürftig bin als der andere! Indem wir für den Bruder beten, erlauben wir Gott, dass Er sich der Situation annehmen kann; und wenn Gott zu unserem Bruder spricht, dann wird er viel mehr lernen, als wenn wir ihm die Dinge dargelegt hätten. Dieses Wunder geschieht, wenn man betet und leidet, denn dadurch entsteht diese Verbindung von deinem Herzen zum Herzen Jesu und vom Herzen Jesu zum Herzen deines Bruders. Nutzen wir diese Fastenzeit als eine wertvolle Zeit des Gebetes. Lernen wir, ohne Angst mit Jesus im Gebet zu sprechen und Ihm ehrlichen Herzens alles zu sagen, auch im Schmerz, denn nur so öffnet sich ein Raum unendlicher Freiheit. Wenn wir nicht beten, geraten wir in eine traurige und dunkle Leere. Das Gebet hingegen ist Frieden, Nahrung und Fülle; durch das Gebet leben wir im Licht; es erweitert unseren Horizont und ermöglicht die Begegnung mit dem Gekreuzigten und Auferstandenen, den unser Herz ersehnt und in den Freuden des Lebens sucht.

Mutter Elvira

3.) Von Deinem Geist, Herr, ist die Erde erfüllt

Wir sind eingetaucht in den Heiligen Geist: Täglich umarmt Er unser ganzes Leben. Jeden Tag erschafft der Heilige Geist etwas Neues und belebt das Bestehende. Heute sind wir diese neue Schöpfung, die Er hervorbringt. Gott möchte zu den Wurzeln unserer Lebensgeschichte vordringen, Er möchte zu uns kommen – in unsere Vergangenheit und unsere Wunden. Denn in der Begegnung mit Ihm liegt der Keim einer neuen Schöpfung, der immerwährende Frühling des Herzens.

Wenn ich ans Meer fahre, setze ich gerne eine Taucherbrille auf, um in die Tiefe zu schauen: Manchmal sind dort einzelne Felsen, die aus dem Meer herausragen, aber wenn ich dann unter die Wasseroberfläche schaue, sehe ich ein gewaltiges Gebirge. Mit unseren Wurzeln verhält es sich ähnlich: Wir sind kleine und schwache Geschöpfe, aber an der Wurzel unseres Daseins steht – vor allen anderen Dingen – die Größe des Heiligen Geistes, der Liebe ist. Darum wollen wir unser Leben in die Hand nehmen und den großen Wert dieses Geschenkes erkennen. In unserem Inneren tragen wir diese tiefe Sehnsucht zu lieben, weil wir aus der Liebe geboren sind. Wir wollen diese tiefe Sehnsucht nicht verleugnen.

Manchmal tragen wir in unserem Inneren noch versteckte Widerstände, die wir nicht wahrhaben wollen. Aber wir können sie überwinden, indem wir uns mutig und in Freiheit Gott gegenüber öffnen: Dann weicht die Angst, und im Glauben entdecken wir, dass wir ein Herz haben, das für andere schlägt, das fähig ist, selbstlos, treu und ohne Hintergedanken für unsere Nächsten da zu sein. Aber wir verlieren uns, wenn wir nicht in der Liebe, sondern für die Äußerlichkeiten leben: für eine gute soziale Stellung, für die Karriere, für Geld oder Macht. Denn unsere wahre und einzige Verwirklichung liegt darin zu lieben. Wenn jemand nicht liebt, verwirklicht er nicht den Sinn seines Daseins – er bleibt unerfüllt, bleibt im Tod! Darum ist es notwendig, dass wir ein Leben im Licht des Glaubens führen. Denn der Glaube erweckt die Nächstenliebe und macht das Leben dynamisch und authentisch: ein Leben, das eingesetzt wird und das fähig ist, Leid zu ertragen und sich an andere zu verschenken!

Oft sage ich den Jugendlichen, dass die Heilung des Herzens geschieht, wenn wir an den Punkt gelangen, an dem wir die Liebe schenken, anstatt sie wie „arme Schlucker“ von anderen zu „erbetteln“. Und Liebe bedeutet nicht nur, Almosen zu geben, etwas zu geben – die Liebe liegt vielmehr darin, dass du dich selbst gibst im uneigennützigen Dienst an den anderen. Wenn du so handelst, wirst du merken, dass das, was du für die anderen tust, vor allem dir selbst zugutekommt, denn in dir erstrahlt ein neues Licht. Wir haben an die Liebe geglaubt, die Gott zu uns hat, und wir hören nicht auf, daran zu glauben, denn allein die Begegnung mit Ihm verändert das Leben des Menschen, sein Herz und seinen Geist.

Seit vielen Jahren sehen wir mit eigenen Augen dieses Wunder: Das Leben wird neu geboren. Glaube ist: an das Wirken Gottes in uns zu glauben und es nicht nur zu spüren, sondern auch zu sehen. Wir sehen es darin, dass Menschen ihr Leben ändern: Jugendliche entscheiden sich, anderen und sich selbst zu vergeben; Familien schöpfen neue Hoffnung; nach Jahren der Dunkelheit erstrahlen Augen und Gesichter in neuem Glanz. Dies ist das Wunder der Liebe Gottes, der in uns den Wunsch erweckt zu lieben. Die Welt dürstet nach dieser wahren Liebe, die Jugendlichen suchen diese reine Liebe. Wir können sie ihnen schenken, indem wir mit kleinen, konkreten Zeichen beginnen: mit einem Lächeln; mit der Fähigkeit zu schweigen, wenn wir provoziert werden; mit der Bitte um Entschuldigung und der Fähigkeit, dem Bruder die Hand zum Frieden zu reichen, auch wenn wir gerne recht behalten würden… Tun wir das Gute, wann immer es möglich ist! Wir sind fähig dazu und werden froh darüber sein!

Mutter Elvira

2.) Meine Lebensgeschichte in den Händen Gottes

Einmal habe ich den Ort besucht, wo mein Elternhaus stand; dort gab es damals nur Baracken… Ich bin wirklich eine Tochter armer Leute. Doch wie schön ist die Armut! Sie ist nichts Negatives, sondern die Armut ist Freiheit. Wir sind wichtiger als die materiellen Dinge, wichtiger als der Reichtum und das Streben danach. Das Leben ist mehr wert als der Besitz!

Ich bin froh, dass ich in einer Zeit geboren wurde, in der es nur wenig zu essen gab und wir hungrig vom Tisch aufstanden, denn das hat uns gelehrt, Opfer zu bringen. Wenn ich an meine Familie denke, dann danke ich meiner Mutter und meinem Vater… Ihr alle wisst, dass mein Vater gerne Wein trank. Als ich Kind war, hat mich das gestört, und ich habe mich vor meinen Freundinnen geschämt, wenn mein Vater angetrunken war, als er mich von der Schule abholte. Aber heute verstehe ich, was es bedeutet, dass mein Vater trotzdem kam, um mich abzuholen; denn viele Väter taten und tun dies nie!

Ich kann mich daran erinnern, als er mit dem Fahrrad angetaumelt kam und die Kinder mich verspotteten. Ich habe mich gedemütigt gefühlt, weil ich verstanden habe, dass es nicht gut ist, vom Alkohol abhängig zu sein. Aber diese Situationen haben mich gelehrt zu verstehen, was Opfer bedeutet und was Demut ist.

Als ich Gott begegnet bin, ist dieses Leiden verwandelt und erhellt worden: Heute kann ich sagen, dass mein Vater für mich die „Universität“ war, an der ich gelernt habe, zu lieben und mit Würde für die anderen da zu sein. Mein Vater hat mich viele Dinge gelehrt, denn er hat keine Angst gehabt, mich nachts zu wecken und mir zu sagen: „Rita, geh und kauf mir Zigaretten!“ Und ich kann mich gut daran erinnern, dass ich ein Stück des Weges im Dunkeln zurücklegen musste und wie ich beim Laufen gesungen habe, um die Angst zu überwinden.

Ich erzähle diese Dinge, um Gott die Ehre zu geben, denn Er hat mir einen Vater geschenkt, der keine Angst hatte, der zu sein, der er war. Wenn ich an meinen Vater denke, könnte ich eine Lobrede auf die Vorsehung Gottes halten, denn der Heilige Geist hat ihn sicher als Werkzeug gebraucht, weil Er bereits an die Mission dachte, die Gott für mich vorbereitet hatte.

Mein Vater hat mich die Demut gelehrt und den Mut; er hat mich gelehrt, die Angst abzulegen, die ich hatte, weil es dunkel war und weil mir die kahlen Äste der Bäume wie lange, bedrohliche Arme vorkamen.

Mit all dem will ich nicht die Fehler rechtfertigen, die mein Vater gemacht hat, aber denken wir daran, dass Eltern nicht als Eltern geboren werden, sondern Schritt für Schritt lernen müssen, es zu sein. Ich bringe unseren Jugendlichen bei, ihren Vater und ihre Mutter zu lieben und zu respektieren und ihnen zu vergeben, so wie ich es getan habe. Aber dies ist nur dann möglich, wenn sie dem himmlischen Vater begegnen, der noch vor dem irdischen Vater und der irdischen Mutter ist.

Ein Vater, wie ich ihn gehabt habe, hat in seiner Kindheit sicher sehr viel gelitten, und wir müssen zutiefst barmherzig sein, wie es auch die anderen mit uns gewesen sind. Ich habe meinen Vater sehr geliebt, ich war viel für ihn da, und deswegen schäme ich mich nicht, darüber zu sprechen. Wenn du liebst, schämst du dich nicht.

Ich sage euch das, weil es heute noch viele, viele Jugendliche gibt, die leider einen solchen Vater haben; und ich sage das vielen unserer Jungs und Mädchen, die ihren Vater nicht annehmen, die von zuhause weglaufen und sich dabei selber Schaden zufügen. Ich sage ihnen: „Nicht wichtig, es ist trotzdem dein Vater; du musst ihm vergeben. Denk daran, dass auch dein Vater einmal klein gewesen ist, an den Rand gedrängt und nicht beachtet… Stell dir deinen Vater als Kind im Alter von zwei Jahren vor, der dir entgegenrennt; umarme ihn – umarme ihn und vergib ihm!“ Und in der Vergebung löst sich die Härte des Herzens, der Groll, den einer in sich trägt.

Die Vergebung befreit uns von den negativen Folgen dessen, was wir erlebt haben.

Ich bringe den Jugendlichen bei, dass das Schönste die Wahrheit des Herzens ist: Es zählt das, was wir heute sind, und deswegen brauchen wir uns nicht zu verstecken; wir brauchen keine Angst vor dem zu haben, was wir gestern waren. Das Gestern gehört Gott und Seiner Barmherzigkeit.

Mutter Elvira

1.) DAS LEBEN – EINE SYMPHONIE DER LIEBE

Unser Leben ist keine „Erfindung“, sondern vielmehr ein Geschenk Gottes, der den Mut und das Vertrauen hatte, uns dieses Geschenk zu machen, indem Er uns das Dasein – das Leben mit all seinen Facetten – in die Hände gelegt hat, damit wir es fruchtbringend einsetzen. Aber vielleicht haben wir diese Initiative Gottes noch gar nicht in Betracht gezogen. Stattdessen denken wir manchmal, dass wir „einfach so“ geboren wären, weil unsere Eltern es wollten oder aus Zufall – aus rein menschlichen und natürlichen Gründen. Das wird dadurch bestätigt, dass es Menschen gibt, die nicht leben wollen, die den „Saft des Lebens“, den Geschmack des Lebens nicht kosten wollen, sondern an der äußeren Schale haltmachen. Dabei kommt mir das Bild einer Kokosnuss in den Sinn: Sie hat zuerst eine grüne Schale, darin eine weitere, harte Schale und dann erst kommt die weiße Kokosnuss, wie wir sie aus dem Laden kennen. Die Kokosnuss hat einen ganz besonderen Geschmack, und man muss gute Zähne haben, um sie essen zu können.

Ich glaube, dass es mit unserem Leben ähnlich ist: Es gibt Menschen, die sich 30, 40, 50 oder 60 Jahre lang bei den Äußerlichkeiten des Lebens aufhalten. Es gibt Menschen, die auf dem Sterbebett liegen, ohne dass sie die harte Schale geknackt hätten, um den Geschmack des wahren Lebens zu kosten. Vor allen Dingen müssen wir einsehen, dass Gott uns – mir, dir und allen, die um uns herum sind – ein großes Geschenk machen wollte: das Geschenk des Lebens! Dieses Geschenk muss entdeckt und angenommen, geschützt und geliebt werden. Aber wenn wir das Geschenk unseres eigenen Lebens nicht entdecken, dann sind wir auch nicht fähig, das Leben der anderen – das Leben unserer Kinder und der Menschen, die wir gern haben – zu verstehen und zu beschützen. Wenn du den Wein aus einem guten Jahrgang nicht selbst kostest, wie willst du dann einen anderen davon überzeugen, ihn zu probieren?

Wir müssen daran glauben, dass das Leben kein Zufall ist; es ist auch nicht unser Eigentum, sondern ein Geschenk Gottes, das aus Seinem Herzen entspringt, welches ganz Liebe ist. Dieses Geschenk müssen wir auspacken, wie wir es bei einem Päckchen tun würden: Wir öffnen es, weil wir neugierig sind und hineinschauen wollen, denn wir sind sicher, dass sein Inhalt ein Grund zur Freude ist. Aber diesen Weg kann niemand für uns gehen. Was kannst du deiner Frau geben, wenn du selbst noch nicht zum Herzen des Lebens vorgedrungen bist? Was kannst du deinem Ehemann schenken, wenn du den Geschmack deines eigenen Lebens noch nicht gekostet hast? Wer bist du? Aus diesem Zwiespalt entstehen Trennungen, Streitereien, Missverständnisse und gegenseitige Schuldzuweisungen. Wir sind an der Schale hängen geblieben, die hart, schwarz und geschmacklos ist, unter der sich jedoch der wahre Geschmack verbirgt. So ist das Leben! Es gibt keine roten Ampeln im Leben: Stehenbleiben ist immer ein Rückschritt

Das Leben entsteht nicht allein aus der Verschmelzung von Samen- und Eizelle oder aus der „Liebesgeschichte“ deiner Eltern. Es entsteht vielmehr aus der einzigen Quelle der Liebe, die Gott ist. Er ist die Quelle des Lebens; Er ist es, der uns das Geschenk gemacht hat, an der Entstehung neuen Lebens mitzuwirken. Wir alle lieben das Leben, aus dem Grund, weil wir es sehen, spüren und berühren können. Aber unser Leben gehört nicht uns, sondern einem Anderen. Wir gehören Jemandem, der sich um uns sorgt und der will, dass wir den Geschmack des Lebens entdecken und so von Herzen glücklich sind. Ohne Gott ist das Leben durch das Dunkel entstellt; es ist ohne Geschmack, ohne Wärme und Liebe.

Deswegen ist die Gemeinschaft Cenacolo entstanden: damit viele orientierungslose und einsame Jugendliche den Kern, das Herz des Lebens wiederfinden. Jeder Tag, den die Jugendlichen in der Gemeinschaft verbringen, ist ein Wunder der Liebe Gottes.

Mutter Elvira