Afrika | Liberia
Und wieder haben wir einen Monat intensiven Lebens und vieler neuer Freundschaften erlebt: Afrika ist herrlich in seiner wunderbaren Natur, seiner Wärme, seinem erfrischenden Platzregen. Es gibt viele Augen, die dich mustern und Münder, die Dir ein Lächeln schenken und dich grüßen. Aber es braucht auch Zeit, um mit der Kultur Afrikas, seiner Sprache und seiner Art zu denken, vertraut zu werden.
Langsam sehen wir die ersten Früchte dieses Bemühens, vor allem in dem Vertrauen und der Freundschaft, die uns unsere Nachbarn, die Kinder, die Alten und die jungen Mütter entgegenbringen, die uns besuchen oder denen wir begegnen. Sie grüßen uns mit einem heiteren und zufriedenen Gesicht und mit Hilfe einiger “Boten” kommen viele Bananen und andere Früchte bei uns an – kleine Gesten, die viel aussagen.
“Glaubt nicht, dass ihr nichts ausrichtet hier”, hat uns Schwester Maria della Consolata gesagt, “ihr macht es gut, weil ihr euch langsam einfindet in dieses Abenteuer. Ihr spielt mit den Kindern und sprecht mit den Leuten und dann werdet ihr sehen: Langsam aber sicher öffnet der Herr euch den Weg und ihr versteht, wie es weitergeht.” Wie wahr: In der Tat scheint es wirklich so zu sein, dass der Herr den richtigen Moment abwartet, um den weiteren Weg zu zeigen. Inzwischen bereiten wir uns auf alles vor, in jeder Hinsicht. Das Haus ist jetzt fertig, alles ist angemalt in verschiedenen Gelbtönen. Rainer und Giorgio haben ein super Gerüst aus Holz errichtet mit dem wir sogar den Glockenturm und das Kreuz der Kapelle erreicht haben. Jetzt graben sie mit Schaufel und Spitzhacke ein großes Loch für unsere Kläranlage. Nach vielen Versuchen haben wir es schließlich geschafft, die Blumen zum wachsen zu bringen und Schwester Lucia konnte den Hauseingang mit Blumen zu schmücken und verschiedene Blumenbeete anzulegen. Alles wird so harmonischer und gastfreundlicher. Unser einziges Problem sind die naschhaften Ziegen.
Martin und Marc haben ein gutes Stück Wald kahl geschlagen, ein Stück wo sich vor dreißig Jahren ein riesiger Garten befunden hat. Stellt euch vor, da findet sich sogar noch ein kleiner Kanal zur Bewässerung. Pier und Glauco sind fast fertig mit der Speisekammer und dem Ofen zum Brotbacken. Es fehlt noch das Dach, aber bis die Regenzeit anfängt, wird alles fertig sein. Fabrizio wird immer mehr zum Spezialisten für die liberianische Küche. Jeden Donnerstag kommt die Köchin von Pater Adrian, um uns etwas Neues aus der liberianischen Küche beizubringen. Jedes Mal rückt sie den Kopf von Irene zurecht, damit diese nicht nur eine brave Ehefrau sondern auch eine gute Köchin wird. Die Garage haben wir inzwischen fast in Ordnung gebracht. Nachdem wir den alten Fußboden erneuert haben, bekommt sie jetzt noch einen Anstrich. Auch mit dem neuen Garten sind wir angefangen. Mit der Schaufel in der Hand graben wir die Erde um, damit alles bereitet ist für die Regenzeit.
Zum Thema dieses Jahres in der Gemeinschaft können wir beitragen, dass auch zwischen uns die Freundschaft immer mehr wächst und dass wir viele neue Freundschaften zu den Menschen hier um uns herum aufbauen können. Fast sind wir schon nicht mehr nur eine Missionsstation, sondern ein Begegnungszentrum. Einen Sonntag haben uns die Frauen vom CWO aus Pater Adrians Pfarrei besucht; der CWO ist die Organisation der katholischen Frauen. Sie wollten uns willkommen heißen und haben uns sofort ihre Bereitschaft gezeigt, uns in jeder Hinsicht zu helfen mit ihrer Freundschaft und ihrer Einfachheit. So haben wir nach einem kurzen Zeugnis und einigen Liedern von ihnen die “Nuss der Begrüßung” erhalten, eine rosa Nuss, die etwas bitter schmeckt und die man hier zur Begrüßung erhält und kauen muss. Am folgenden Samstag sind die Messdiener von Pater Adrian gekommen, sie haben einen Tag mit uns verbracht, uns bei der Arbeit geholfen, mit uns gebetet und Mittag gegessen. Beim Essen haben wir gesehen, dass eine italienische Pasta für einen Liberianer nicht so leicht zu bewältigen ist. Zum Schluss haben wir noch eine schöne Partie Fußball miteinander gespielt. Unter den Messdienern, alles Burschen von 12 bis 19 Jahren, war ein Mädchen, Margareth, der der Tag so gut gefallen hat, dass sie uns kurze Zeit später mit ihrer kleinen Schwester von neuem besucht hat. In ihrer Tasche hatte sie Arbeitszeug, um uns bei der Arbeit zu helfen und ein wenig bei uns zu bleiben.
An einem anderen Samstag hatten wir die Ehre, dass uns der Chor aus Pater Adrians Pfarre besucht hat. Auch mit ihnen haben wir zusammen Mittag gegessen, ein gut liberianisches Mittagessen, zubereitet von der Chefköchin Linda und einigen Mädchen. Sie hatten Fabrizio gesagt: Heute kannst Du Dich ausruhen, heute kochen wir! Am Nachmittag haben sie dann eine Chorprobe gemacht. Ihre Stimme konnte man weit, weit weg noch hören, und es war eine Freude ihnen zuzuschauen, ihren Eifer und Ihren Schwung zu sehen, die Liebe, mit der sie dem Herrn ihr Lob sangen.
Auch wir sind in diesem Monat oft zu einem Besuch eingeladen worden. Einen Sonntag haben wir die Mission des ältesten Missionars in Liberia besucht, Pater Gary, der schon seit 40 Jahren hier ist. In seiner Mission gibt’s alles, aber für uns war es ein besonderer Moment, einer ziemlich großen Gruppe von taubstummen Jungen und Mädchen zu begegnen. Die meisten von ihnen sind taubstumm geworden, weil sie schon als kleine Kinder Medizin gegen Malaria einnehmen mussten. Es war wirklich ein besonderer Moment. Wenn sie nur die einfachen Gesten unserer Bewegungslieder sahen, ließen sie sich sofort anstecken, sie tanzten und lachten und haben uns ihre Sprache der Gesten beigebracht.
Einige von uns konnten auch die VOA (Stimme Amerikas) besuchen. Das ist ein Komplex, den eine amerikanische Radio- und Fernsehstation zurückgelassen hat, als sie während des Krieges aus Liberia flüchtete. Heute ist das ein großes Gelände, das den Flüchtlingen aus Sierra Leone zur Verfügung steht. Viele Baracken gibt’s hier und ganz viele Kinder, viele von ihnen schlecht ernährt und mit Untergewicht. Aus diesem Grund bereitet jeden Samstag unsere liebe Freundin Angeline, auch sie ist als Flüchtling nach Liberia gekommen, zusammen mit anderen Frauen ein Essen für gute 250 besonders schwache Kinder vor. Zuerst beten sie miteinander, alle schließen die Augen, falten die Hände und beten auswendig ihre Gebete, dann stellen sie sich in einer langen Reihe auf, vom Kleinsten bis zum Größten, alle mit einem Teller und einer kleinen Schüssel in der Hand. Und wir haben die Freude, ihnen mit großen Löffeln ihre Teller und Schüsseln mit Reis, Fleisch und Gemüse füllen zu können.
Dann sind wir auch an zwei Schulen gewesen, um unser Zeugnis zu geben, zu singen und zu tanzen. Es war schön zu sehen, wie aufmerksam die Kinder waren mit weit aufgerissenen Augen und offenen Mündern. Kein Mucks war zu hören und sie haben sich viele kleine Dinge gemerkt. Bei den Liedern hörten sie nie auf nach weiteren Zugaben zu fragen und als sie in ihre Klassen zurückkehrten, sangen sie miteinander den einen oder anderen Refrain unserer Lieder. Wenn wir sagen “Klasse”, müssen wir hinzufügen, dass es sich hier eigentlich nur um einen Raum handelt, der als “Schulklasse” benutzt wird. Die eine Hälfte der Kinder kommt morgens, die andere am Nachmittag, denn für alle ist der Raum viel zu klein.
Der Heilige Josef hat uns an seinem Fest das Geschenk gemacht, einen wunderbaren Spiel-Nachmittag mit unseren Nachbarskindern zu verleben. Nach dem Mittagessen haben wir sie aus allen Häusern abgeholt und die Eltern beruhigt, dass wir sie auch wieder zurückbringen würden. Und dann ging’s los mit verschiedenen Wettrennen, Tauziehen, Sackhüpfen – Bewegungs-Spiele für diese Kinder, die sowieso immer in Bewegung sind. Auch die sonst ganz ruhigen Kinder wurden wach und haben ihre ganze Energie eingesetzt, damit ihre Mannschaft gewinnen konnte… Seit diesem Tag kommen immer wieder nachmittags Kinder, um mit uns zu spielen. Danke, heiliger Josef, welch eine Freude sind die Kinder!
Kommen wir zum Schluss: In dieser heiligen Woche konnten wir an der Chrisam-Messe teilnehmen, die unser Bischof mit allen Priestern und Geweihten des Bistums gefeiert hat. Es war eine schöne Feier und während seiner Predigt hat der Bischof uns allen vorgestellt und erzählt, wer wir sind und was wir machen. Er lächelte uns dabei freundlich an und man konnte seine Zufriedenheit über unsere Anwesenheit sehen. Nachher sind wir alle zusammen mit dem Bischof zum Abendessen gegangen und er hat uns versprochen, dass er bald kommen wird, um uns zu besuchen. Bei diesem Abendessen haben wir auch viele neue Freunde kennengelernt und viele “alte” Freunde wiedergetroffen. Alle haben versprochen, uns demnächst einmal zu besuchen und so bereiten wir uns schon einmal darauf vor, denn es waren wirklich viele, die ihr Kommen angekündigt haben… Welch ein Geschenk!
Heute, am Gründonnerstagabend werden wir das letzte Abendmahl mit der Fußwaschung und dem Verrat des Judas aufführen. Neben unseren sieben Burschen nehmen einige Jungen von Pater Adrian und zwei gute Freunde aus der Pfarre mit viel Freude an der Aufführung teil und geben dem Leben Jesu eine afrikanische Färbung. Morgen am Karfreitag können wir am Kreuzweg in der Pfarre St. Paul ganz in der Nähe teilnehmen. Der Pfarrer dort, Pater Patrick, ist begeistert von uns und hat uns eingeladen, so können wir noch mehr in die Kultur und das Glaubensleben der Menschen hier eintauchen.
Jesus ist auferstanden und wir sind ihm wahrhaftig begegnet und er trägt uns heute auf zu laufen, um mit einem Herzen voller Freude der Welt zu verkünden, dass Er lebt, dass er anwesend ist in unseren auferstandenen Leben, in unserem Willen uns zu verschenken an alle!