PAPST FRANZISKUS BESUCHT DIE GEMEINSCHAFT CENACOLO
Kurz vor Weihnachten hat uns Papst Franziskus mit seinem Besuch in unserem Cenacolo-Haus in Rom eine große Freude gemacht. Die italienischen Vatikan-News haben darüber berichtet:
„Habt keine Angst, denn Jesus mag die Realität so, wie sie ist, ungeschminkt“
Am Nachmittag des Hochfestes Maria Empfängnis besuchte Franziskus privat das Cenacolo-Haus der Fraternität vom Barmherzigen Samariter in Rom: Er hörte sich Lieder und Zeugnisse der Freiwilligen und Gäste der Gemeinschaft an, die Menschen in körperlicher und geistiger Not aufnimmt. Mit einem Gebet in der von den Jugendlichen gestalteten Kapelle schloss der Papst das dem heiligen Josef gewidmete Jahr ab.
Die Ankunft von Papst Franziskus in der Gemeinschaft Cenacolo
“Zwei Minuten, dann kommt er!”. Es war ein Junge mit Kapuze und Maske, der gegen 16.18 Uhr die Ankunft von Papst Franziskus in der Gemeinschaft des Barmherzigen Samariters in Rom ankündigte, wo der Papst das am 8. Dezember 2020 eröffnete Jahr des Heiligen Josef abschloss. Jungen und Mädchen, Familien, Priester und Ordensschwestern, Gäste und Mitarbeiter dieser Gemeinschaft, die Anmut, Freude und Herzlichkeit ausstrahlt, standen mehr als 30 Minuten lang entlang der Eingangs-Allee bereit. Sie trotzten dem strömenden Regen und dem Hagel und schwenkten Papphände und Stöcke mit bunten Girlanden. Während sie auf den Papst warteten, rezitierten sie das Glaubensbekenntnis oder den Rosenkranz, den sie jeden Tag beten, sogar dreimal am Tag, „aus Dankbarkeit” und um Ordnung in ein Leben zu bringen, das zuvor oft im totalen Chaos gelebt wurde.
„Willkommen bei uns!”
Mit einem von Gitarren und Zimbeln begleiteten Lied zum Heiligen Geist wurde die Einfahrt des dunkelblauen Autos des Papstes begrüßt. Die Jungen liefen ihm hinterher, als es sich näherte. „Willkommen, willkommen bei uns”, skandierten sie, als Franziskus in Begleitung von Don Luigi Epicoco, dem geistlichen Assistenten des Dikasteriums für die Kommunikation, aus dem Auto stieg. Mit Maske, aber auch mit einem sichtbaren Lächeln begrüßte der Papst alle und ging dann in das Innere des Gebäudes, das vor drei Jahren der Gemeinschaft Cenacolo von den gottgeweihten Laienschwestern der FAC-Bewegung (Fraterno Aiuto Cristiano) zur Verfügung gestellt wurde. Die Schwestern sind nach einer Berufungskrise nur noch wenige, die durch diese Erfahrung des Teilens „neu geboren” wurden. „Sie sind hier für uns wie Mütter und Großmütter, vor allem für die jungen Menschen, die noch unter den seelischen Wunden des Verlassenwordenseins leiden”, sagen sie im Haus.
Begrüßung von Papst Franziskus
Franziskus wird willkommen geheißen von zwei Kindern: es sind die Kinder von Andrea Giorgetti und seiner Frau Antonia, heute verantwortlich für das Haus vom Barmherzigen Samariter, früher zwei Drogenabhängige, denen ihr Leben aus der Hand glitt. In dieser Gemeinschaft gelang es ihnen neu anzufangen und vor allem eines zu finden: Liebe. Das ist es, was Schwester Elvira Petrozzi – von allen Mutter Elvira genannt – als Regel für diese Gemeinschaft festgelegt hat, die am 16. Juli 1983 in einem baufälligen und verlassenen Haus auf dem Hügel von Saluzzo gegründet wurde und sich inzwischen auf allen Kontinenten ausgebreitet hat (71 Häuser in 20 Ländern, insbesondere in Lateinamerika). Seit vierzig Jahren ist es das Ziel der Gemeinschaft, ausgegrenzte und verzweifelte Menschen aufzunehmen, die in körperliche und seelische Not geraten sind, vor allem diejenigen, die in den Fallen von Drogen und Alkoholismus gefangen sind. „Eine Antwort der Zärtlichkeit Gottes auf den Schrei der Verzweiflung so vieler junger Menschen, die verloren, betrogen und desillusioniert sind und nach der Freude des Lebens suchen”, beschreibt sich die Gemeinschaft Cenacolo auf ihrer offiziellen Website. Und genau das ist es, was dem Papst vor Augen geführt wurde.
Nur eine Regel: Liebe
Hilfsbedürftige, die zu Helfern werden
Ein Beispiel dafür ist Marco, ein ehemaliger Drogenabhängiger, jetzt verheiratet und Vater von vier Kindern, der – zwischen Rührung und Scherzen („Ich glaube, mein Herz platzt gleich”) – den Papst im Auditorium des Gebäudes nach einem Willkommenslied begrüßte. „Auf meinen Knien vor Jesus fühlte ich mich geliebt und dass mir vergeben war. Hier in der Gemeinschaft fand ich kein Methadon, sondern Schutzengel. Früher fragten mich die Leute immer ‚Wie geht es dir?’ und ich wich dieser Frage aus, dann begann ich zu antworten und jetzt bin ich derjenige, der andere fragt ‚Wie geht es dir?’. Ein Satz, der den Weg vieler Freiwilliger in den verschiedenen Cenacolo-Häusern veranschaulicht: ehemalige Betroffene, die von Mutter Elvira und ihren Helfern aufgenommen wurden und die sich nach Abschluss ihres Weges des Gebets und der Arbeit entschlossen haben, sich zur Verfügung zu stellen, um nun anderen zu helfen. Auch wenn sie nicht von Helfen, sondern von „sich schenken” sprechen.
Ein Film über den heiligen Josef
Dieses Selbstverschenken umfasst verschiedene Aktivitäten: Renovierungs- und Reinigungsarbeiten („denn äußere Reinheit ist ein Zeichen für innere Reinheit”), handwerkliche Arbeiten und auch wichtige Projekte wie die von den Jugendlichen selbst konzipierten und produzierten Musicals, die auf Tournee durch Europa gehen. Seit zwei Jahren arbeiten die Jugendlichen der Gemeinschaft Cenacolo an einem neuen großen Projekt: einem Film über das Leben Jesu. Es handelt sich nicht um einen Amateurfilm, sondern um einen abendfüllenden, gut gespielten Film mit Musik und Drehbuch, der in den Hügeln bei Medjugorje von den Burschen und Mädchen der beiden dort ansässigen Gemeinschaften „Campo della Vita“ und „Campo della Gioia“ gedreht wurde. Im Auditorium wurde dem Papst ein längerer Film-Clip über die Figur des heiligen Josef mit dem Titel „Fürchte dich nicht, Josef!” vorgeführt, der für die Dialoge und das Konzept vom päpstlichen apostolischen Schreiben Patris Corde und dem dort zitierten Buch „Der Schatten des Vaters” inspiriert wurde. Der Regisseur meinte am Ende der Vorführung: „Dieser Film ist ein Wunder.“
Geschichten des Wiedergeborenwerdens
Unmittelbar danach erzählten einige der Schauspieler in Bühnenkleidung dem Papst von ihrem Leben: Arianna, 20 Jahre alt, berichtete von ihren Essstörungen und ihrer Angst, erwachsen zu werden, und ist heute einfach glücklich. Die Brüder Luca und Davide, die vorher „verloren in Drogen” waren und alle möglichen Substanzen konsumierten, berichten, dass sie es schaffen, „in schwierigen Momenten aufzustehen” – dank der Gemeinschaft und trotz einer Vergangenheit, die manchmal noch in ihrem Kopf nagt. Daniele, der in einer Familie innerhalb der Cenacolo-Gemeinschaft geboren und aufgewachsen ist, äußerte den Wunsch, „ein gerechter Mensch wie der heilige Josef zu werden”, und Caterina aus Kroatien, die zunächst nicht an die Anwesenheit der Gottesmutter glaubte, hat nach und nach eine tiefe Beziehung zu ihr entwickelt. Dem Papst wurde auch ein Film der Gründerin Mutter Elvira gezeigt, die 84 Jahre alt ist und nun krank und fast unbeweglich im Bett liegt: „Ihr Leben ist verbraucht, weil sie alles gegeben hat”, sagte Don Stefano Aragno, Priester im Cenacolo beim Mutterhaus in Saluzzo.
Papst Franziskus’ Ermutigung
Nachdem er diese Geschichten von Wiedergeburt und Begleitung, von Mut und Erlösung gehört hatte, ergriff der Papst das Wort und dankte der Gemeinschaft Cenacolo, wobei er den Weg dieser jungen Menschen ermutigte: „Habt keine Angst vor der Realität, vor der Wahrheit, vor unserem Elend. Habt keine Angst, denn Jesus mag die Wirklichkeit so, wie sie ist, ungeschminkt. Der Herr mag keine Menschen, die ihre Seele und ihr Herz verstellen”, sagte der Papst und forderte die Anwesenden auf: „Helft den vielen jungen Menschen, die sich in einer ähnlichen Situation wie ihr befinden. Habt den Mut zu sagen: ‚Ich glaube, es gibt einen besseren Weg'”.
Eine mit ausrangierten Materialien gebaute Kapelle
Nach einem Rundgang durch das große Haus, das wie eine Schule gebaut ist, in dem aber eine häusliche Atmosphäre herrscht, wo es nach gutem Essen duftet und Menschen auf Sofas und an Tischen sitzen und sich unterhalten, begab sich Papst Franziskus in die dem Barmherzigen Samariter gewidmete Kapelle, um sie zu segnen und so das Jahr des hl. Josefs abzuschließen. Eine symbolische Geste an einem noch symbolischeren Ort: Die Kapelle aus Holz und weißem Marmor wurde nämlich vollständig von den Jugendlichen gebaut, „mit ihrer Kreativität und mit ihren Händen”. Die Burschen sammelten Travertinstücke, Eichenbalken und andere Abfälle aus Mülldeponien und Mülltonnen: „Das ist ein konkretes Beispiel dafür, was wir hier tun: Wir nehmen Abfall, um daraus wunderbare Werke zu schaffen”, sagt Don Stefano. „Diese jungen Menschen, die vorher im Leben des Bösen viel Schlimmes gelebt haben, entdecken jetzt im Leben des Guten die Liebe Gottes”.
Gebet zum Abschluss des Jahres des Heiligen Josef
Papst Franziskus segnete die Kapelle und betete gemeinsam mit allen Anwesenden, die er anschließend einzeln begrüßte. Jeder bekam ein Faltblatt, um gemeinsam das Gebet an den Bräutigam Mariens zu sprechen, das auf den letzten Seiten von Patris Corde steht:
„Sei gegrüßt, du Beschützer des Erlösers und Bräutigam der Jungfrau Maria.
Dir hat Gott seinen Sohn anvertraut, auf dich setzte Maria ihr Vertrauen,
bei dir ist Christus zum Mann herangewachsen.
O heiliger Josef, erweise dich auch uns als Vater, und führe uns auf unserem Lebensweg.
Erwirke uns Gnade, Barmherzigkeit und Mut, und beschütze uns vor allem Bösen.
Amen.“