ANNA
Ich heiße Anna, bin vierundzwanzig Jahre alt und komme aus den Vereinigten Staaten, aus einer Familie mit zehn Kindern.
Ich bin sehr frei aufgewachsen, konnte so sein, wie ich sein wollte, mit vielen Menschen, die mich liebten, und es fehlte mir nie an etwas. Wir waren zehn Kinder, aber meine Eltern hatten bereits die Schwierigkeiten der ersten Jahre überwunden. So lernte ich von meinen älteren Brüdern, zu gehorchen und auf die Jüngeren aufzupassen, meiner Mutter zu helfen, das Haus zu putzen, zu arbeiten, wo ich gebraucht wurde. Wir lernten die Gemeinschaft kennen, als ich zehn Jahre alt war, weil mein Bruder Joe in den Campo della Vita in Medjugorje eintrat. Unsere Eltern lächelten wieder, unsere älteren Brüder stritten weniger, und die Gespräche am Tisch wurden entspannter.
Die Zeit in der Mission in Peru
Wir fuhren zweimal im Jahr zu den Cenacolo-Familientreffen in Florida und was mich am meisten berührte, war, dass die Jugendlichen und auch Joe so glücklich waren, sie lächelten, tanzten und beteten. Auch ich habe als Teenager angefangen zu trinken, zu rauchen und in Clubs zu gehen. Ich wusste, dass es vernünftig war, keine Drogen zu nehmen, die Geschichte meines Bruders hatte mich das gelehrt, aber auch ich wollte Spaß haben, ablegen, was auf mir lastete und so sein wie alle anderen um mich herum. Dann habe ich zusammen mit meiner Schwester Angela die Gemeinschaft gefragt, ob wir eine Zeit in der Mission in Peru verbringen könnten, und so waren wir neun Monate dort. Angela war mit den älteren Kindern im Haus „Rayo de Luz” und ich war mit den Babys in Villa el Salvador. Wir sprachen weder Spanisch noch Italienisch und wir waren noch nie so weit von unserer Familie entfernt gewesen.
Im ersten Monat habe ich sehr viel geweint, ich war „das größte Baby im Haus”! Aber die Vorsehung hat geholfen, denn es gab einige im Haus, die Englisch sprachen und mir alles erklärten. Ich war sehr still in dieser Zeit und die Mädchen haben mich sehr freundlich aufgenommen, sie ermutigten mich und halfen mir, mich einzufügen. Es gab so viel zu tun: Dreißig Babys lebten mit uns im Haus. Ich begann das alles zu lieben: zu tanzen, zu singen, zu spielen und zu putzen… um alle glücklich zu machen. Zurück in der Heimat begann ich mit dem Studium, ich wollte Krankenschwester werden: Es war mir klar, dass so die nächsten vier Jahre wieder eine „Party” sein würden und obwohl mir das gefiel, war es für mich nicht mehr genug. Ich wollte mich für andere nützlich machen und so ging ich zurück nach Peru. Diesmal schickten sie mich ins Haus „Rayo de Luz” und wenn ich darüber nachdenke, was das Schönste oder Wichtigste in dieser Zeit war, finde ich keine Antwort: alles war schön, wichtig und jeder war etwas Besonderes.
Ich habe tausendmal mehr erhalten, als ich gegeben habe
Es waren drei sehr schwierige und schöne Jahre, für die ich Gott nur danken kann. Danke für die gemeinsam verbrachten Sonntage beim Spielen auf der Wiese, für die Spaziergänge am Samstagmorgen mit den kleinen Kindern. Danke für die Zeit, die ich mit den Jugendlichen verbracht habe, für ihre Geduld und ihr Vertrauen, für die schwierigen Situationen, die wir gemeinsam gemeistert haben und die mich wachsen ließen. Danke, dass ich lernen konnte, auf so viele verschiedene Arten zu lieben, im Großen wie im Kleinen. Danke, denn ich habe tausendmal mehr erhalten, als ich gegeben habe. Immer klarer wurde mir aber mit der Zeit, dass ich noch einen Weg brauchte, auf dem ich an mir als Frau arbeiten konnte. So kam ich in das Cenacolo-Mädchenhaus nach Medjugorje, wo ich begann, mich der Gottesmutter zu nähern. Sie veränderte meinen Blick auf viele Dinge und ließ mich mehr zu einer „Mutter” werden. Am Anfang war ich manchmal traurig und sagte zu mir: „Das ist nicht wie in der Mission”, aber dann habe ich gemerkt, dass die Mission heute darin besteht, mich selbst zu verändern und die zu lieben, die Gott mir an die Seite stellt. Es gelingt mir nicht immer, wenn ich es aber schaffe, erfüllt es mein Herz. Ich konnte meinem Bruder verzeihen, und jetzt ist er wieder mein großer Bruder; er gibt mir gute Ratschläge; wir leiden, scherzen und beten gemeinsam auch für unsere Familie.
All das ist möglich geworden dank der Gemeinschaft. Danke!