HEUTE BIN ICH ÜBER MEIN LEBEN WIRKLICH GLÜCKLICH
Pierre-Marie stammt aus Paris, er ist vier Jahre in unserer Gemeinschaft und lebt seit zwei Jahren in unserem Cenacolo-Haus in Österreich.
Hallo, ich heiße Pierre-Marie, bin 30 Jahre jung, komme aus Frankreich und möchte euch von der Freude erzählen, mein Leben wiedergefunden zu haben.
Ich habe nicht die Hölle der Droge durchlebt, aber am Ende macht das wenig Unterschied. Ich stamme aus einer gut situierten Familie und besuchte renommierte Schulen, die mir eine fundierte Bildung vermittelten. Stets hatte ich das Bedürfnis ein guter Sohn zu sein und allen Erwartungen zu entsprechen. Aber ich spürte, dass ich das nicht schaffte und darunter litt ich sehr. Häufig hing in unserer Familie der Haussegen schief und sie wurde für mich ein Ort der Unsicherheit und des Misstrauens. Ich hatte wenige Freunde, in der Schule strengte ich mich nicht an und mein Leben schien mir zum Scheitern verurteilt zu sein; ich fing an zu glauben, nicht für das Glück gemacht zu sein und schämte mich über mich selbst.
In meiner Einsamkeit versuchte ich vergeblich, meinen Tagen einen Sinn zu verleihen. Ich fiel von einem Laster ins andere und verlor dabei immer mehr den Boden unter den Füßen. Schließlich begann ich auf hohem Niveau viele Dinge zu studieren, aber auch diese ließen mich letztlich wieder leer und traurig zurück.
Im Alter von 25 Jahren war ich verloren in einer Welt voller Falschheit und Verwirrung. Ich war fixiert auf meine Angst zu scheitern und kam nicht heraus aus meinen Problemen. In mir hörte ich jedoch stets eine Stimme, die mir sagte: „Glücklich sein ist möglich, du hast nur die falsche Straße eingeschlagen.“ Als ich eines Abends wieder in einer „Sackgasse“ angekommen war, hörte ich diese Stimme von neuem. Wutentbrannt schrie ich zu Gott, dass ich leben wolle und in diesem Augenblick öffnete sich mein Herz. Auf einmal sah ich klar, ließ meine Rechtfertigungen, meinen Stolz und meine Schande beiseite und bat zum ersten Mal in meinem Leben um Hilfe. So bin ich an der Pforte der Gemeinschaft Cenacolo angelangt. Mich hat sofort berührt, wie mich die Burschen empfingen. Sie begriffen die Art meiner Verzweiflung, da sie dasselbe durchgemacht hatten, und sie haben mich aufgenommen wie ich war, ohne etwas dafür zu verlangen.
Zu Beginn war es nicht einfach in der Gemeinschaft. Noch war ich unfähig Freundschaften zu knüpfen und Hilfe zu akzeptieren und war häufig versucht, meinen Weg abzubrechen. Die „kleine Stimme“ meines Gewissens wurde jedoch durch das Gebet, das ich neu entdeckte, stärker und hielt die Hoffnung lebendig.
Nach einem Jahr Gemeinschaft änderte sich mein Weg grundlegend. Ein Mitbruder, der mich gern hatte und mir helfen wollte, nahm mich auf die Seite und sagte mit klar und deutlich, wie er mich sah. Es waren keine angenehmen Worte, aber sein Mut mir die Wahrheit ins Gesicht zu sagen, öffnete mir die Augen. Ich fühlte mich angenommen und aufgefordert, das Gute zu wählen. Aus meinem gewohnten „Ich bin nichts wert“ wurde an diesem Tag ein „Ich möchte es besser machen.“ Die Mauer der Schande war gesprengt und mein Leben war von jenem Tag an nie mehr dasselbe. Mein Weg begann damals, für mich zur Heilung zu werden. Heute lerne ich täglich neu von meinen Fehlern und kann mich gernhaben so wie ich bin.
Die Gemeinschaft hilft mir auch, mich mit meiner Familie zu versöhnen: Vor einem Jahr ist mein Vater gekommen, um mit mir eine Zeit in der Gemeinschaft zu verbringen, und jetzt ist meine Mutter da. Es ist wunderschön zu sehen, wie froh und frei unsere Beziehung heute ist. In der „kleinen Stimme“ meines Gewissens erkenne ich heute Gott. Ich fürchtete mich früher vor Ihm, aus Angst vor dem, was Er vielleicht von mir verlangen würde. Er verlangt aber gar nichts, sondern begleitet mich alle Tage und schenkt mir die Freude am Leben, die ich immer gesucht habe.
Unser Leben im Cenacolo ist ein Leben in Fülle, durch das ich heil werde und meine Talente und Möglichkeiten entdecke. Ich war einsam und verschlossen und habe heute viele Freunde. Ich war im Leben gescheitert und bin heute in der Lage, viele Aufgaben zu bewältigen. Ich habe mich geschämt und bin heute stolz auf mein Leben. Ich war ein Esel und das bin ich noch immer, aber heute bin ich ein Esel, der glücklich ist.
Danke!
Die Mutter von Pierre-Marie hat zehn Tage bei uns im Haus verbracht. Sie schildert uns, was der Weg ihres Sohnes für sie als Mutter und für ihr eigenes Leben bewirkt hat.
Pierre-Marie ist vor vier Jahren in die Gemeinschaft Cenacolo eingetreten und durch seinen Weg dort habe auch ich mein Leben geändert. Ich habe verstanden, dass meine Art zu leben in vieler Hinsicht nicht in Ordnung war. Ich glaubte, ich wäre gläubig und könnte mit der Hilfe Gottes alles bewältigen, ohne mir darüber im Klaren zu sein, dass in Wirklichkeit Gott die Dinge vollbringt, wenn wir nur „Ja“ dazu sagen. Durch die Veränderung meines Sohnes habe ich das verstanden. Ich habe gesehen, wie er sich auf diesem Weg der Hoffnung anstrengte und sich von der Gemeinschaft führen ließ. Es brauchte dazu viel Mut und Zähigkeit, die Bereitschaft, sich fordern zu lassen und großes Vertrauen, aber all das hat ihn verändert und auferstehen lassen. Ich habe von neuem Licht in den Augen meines Sohnes gesehen, seine Heilung und seine Vergebung. Lange Zeit habe ich aber gebraucht, um mir selbst die Fehler zu verzeihen, die ich bei ihm gemacht habe. Erst als ich Pierre-Marie von neuem frei gesehen habe, konnte auch ich mich befreien. Ich bewundere den Mann, zu dem er geworden ist und er hilft mir jetzt, eine bessere Mutter zu sein.
Sehr froh bin ich darüber, dass ich vor kurzem für zehn Tage am Leben der Hausgemeinschaft in Kleinfrauenhaid teilnehmen konnte. Die Burschen arbeiten sehr viel, dabei hat mich vor allem die Art berührt, wie sie alles tun. Ich bin hineingenommen worden in ein Leben, das einen anspruchsvollen Rhythmus ohne jeden Leerlauf hat. Die Burschen leben aktiv und verantwortungsvoll in der Küche, im Stall mit den Tieren, in der Töpferei oder in der Kapelle. In den verschiedenen Arbeitsgruppen des Tages finden sich Enthusiasmus, Hilfsbereitschaft und gegenseitige Unterstützung, aber auch Ansporn durch die erfahreneren Mitbrüder. Ich hab mich wie in einer großen Familie gefühlt und werde mit 38 weiteren Söhnen im Herzen nach Hause zurückkehren.
Zu meiner großen Freude konnten wir das Fest Allerheiligen zusammen verbringen, und während wir die Allerheiligenlitanei sangen, sah ich auch sie – verletzt und mutig – auf diesem leuchtenden Weg zu Gott. Ich bin Gott dankbar für das Auferstehen meines Sohnes, das auch zum Motiv meiner Bekehrung und Auferstehung geworden ist.
Laurène de Monteynard-Parlos